Die Regentropfen und das Licht –
Mit al-Farisi den Regenbogen erkunden
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Publikation: | 23.5.2012 | ||
Lernstufen: | 2, 3 | ||
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Herkunft: | La main à la pâte, Paris. Diese Unterrichtseinheit ist Teil des thematischen Projektes "Entdeckungen in arabischen Schriften des Mittelalters", das auch als Buch erschienen ist: "Les découvertes en pays d'Islam", herausgegeben von Ahmed Djebbar, Cécile de Hosson und David Jasmin, Verlag Le Pommier, 2009 | ||
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Regenbogen sind nur unter ganz bestimmten Bedingungen zu sehen, und diese Bedingungen gilt es im Laufe dieser (überwiegend empirischen) Unterrichtseinheit zu erforschen. Dazu begeben sich die Kinder auf die Spuren von Kamal al-Din al-Farisi [1], der im Mittelalter auf Arabisch einen Text über die Entstehung eines Regenbogens geschrieben hat. Für eine detailliertere Erklärung zur Entstehung des Regenbogens siehe "Der Regenbogen" in der Rubrik Dokumentation/Optik.
Die Kinder werden im Laufe dieser Unterrichtseinheit herausfinden, wie Lichtquelle und Regentropfen/Regenwand in Bezug auf sie selbst positioniert sein müssen, damit man einen Regenbogen sehen kann. Sie werden entdecken, dass die Farbreihenfolge des Regenbogens stets die gleiche ist. Weiterhin werden sie einige ihrer Ausgangsvorstellungen revidieren können: Der Regenbogen ist kein materieller Gegenstand, und er setzt sich auch nicht nur aus sieben Farben zusammen.
Für die Lehrenden
Farbe ist eine subjektive Wahrnehmung: Das Gehirn "interpretiert" das auf die Netzhaut (Retina) des Auges fallende Licht. Es gibt also keine Farbe "an sich"; Farbe ist die Reaktion des Gehirns auf Impulse, die die Lichtrezeptoren des Auges (die Zapfen in der Netzhaut) über den Sehnerv ins Gehirn leiten. Wer verstehen will, wie die Farbwahrnehmung entsteht, muss sich mit Sehphysiologie beschäftigen. Das Thema "Licht und Sehen" wird in der Unterrichtseinheit "Wie kommt es, dass man einen Gegenstand sehen kann? – Licht und Sehen" erkundet (ebenfalls aus der Reihe "Entdeckungen in arabischen Schriften des Mittelalters").
Wir betrachten das Licht als Welle, als "elektromagnetische Welle". Ein Charakteristikum der Welle ist die Wellenlänge, die man in Nanometern (nm) misst (1 nm = 0,000 000 001 m; zur Veranschlaulichung der Größenordnung: ein menschliches Haar ist ungefähr 0,05 mm dick, das sind 50 000 nm), oder auch ihre in Hertz (Hz) gemessene Schwingungsfrequenz.
Anmerkung von Sonnentaler: Die Einheit Hertz beschreibt, wie oft etwas pro Sekunde hin- und herschwingt. Beispiele: Die Frequenz des Ruhepulses eines Erwachsenen beträgt 1 bis 1,25 Hz. Der Kammerton a entspricht einer Schwingungsfrequenz von 440 Hz. Mobilfunkfrequenzen (die von Ihrem Handy gesendet und empfangen werden) haben eine Frequenz zwischen 880⋅106 Hz und 960⋅106 Hz (D- und E-Netz). Im Mikrowellenherd schwingen Mikrowellen mit einer Frequenz von 2,455⋅109 Hz. Sichtbares Licht entspricht Frequenzen von 400⋅1012 Hz (rot) bis 750⋅1012 Hz (violett). Siehe auch "Das Spektrum des Lichts" in der Dokumentation.
Die Fotorezeptoren in unserem Auge sind empfindlich für elektromagnetische Wellen im Frequenzbereich 400⋅1012 Hz bis 750⋅1012 Hz. Anders gesagt: Wenn elektromagnetische Wellen mit Wellenlängen zwischen 380 nm (violettes Licht) und 780 nm (rotes Licht) auf die Netzhaut fallen, geben die Fotorezeptoren des Auges ein elektrisches Signal an die Nervenzellen ab, die es ans Gehirn weiterleiten. Dieses "sichtbare" Licht – nur das kann durch unseren Sehsinn wahrgenommen werden [3] – ist lediglich ein Teil des elektromagnetischen Spektrums [4]. Das Gehirn ordnet einer Wellenlänge (oder einem Wellenlängenbereich) eine "Farbe" zu. Zum Beispiel nimmt man Wellenlängen von 400 nm bis 450 nm als Violett wahr. Man spricht von monochromatischem (einfarbigem) Licht, wenn das Auge nur eine einzige Wellenlänge empfängt. Das ist allerdings praktisch nie der Fall. (Selbst Laserlicht zeigt eine "Linienbreite", eine Wellenlängenverteilung über einen vergleichsweise kleinen Spektralbereich.) Man teilt vereinfachend das Spektrum des weißen Lichts in drei Frequenzbänder ein: das rote, das grüne und das blaue, und bezeichnet diese drei Farben als Grundfarben.
Menschen können eine ungeheure Vielzahl von Farben unterscheiden (ungefähr 10 Millionen). Die Netzhaut hat jedoch keineswegs ebenso viele für Farbe empfindliche Fotorezeptoren. Tatsächlich gibt es nur drei Sorten von sogenannten Zapfen (im Gegensatz zu den wesentlich häufigeren Stäbchen, mit denen man bei Dämmerung ein Bild in Grautönen sehen kann): Blau-, Grün- und Rotrezeptoren. Diese sind jeweils empfindlich für Wellenlängen in einem relativ breiten Bereich um
- 420 nm,
- 530 nm,
- 560 nm.
Trifft Licht auf einen Fleck der Netzhaut, so werden die dort sitzenden Rezeptoren – je nach Wellenlänge des Lichtes – mehr oder weniger stark angeregt. Die Rezeptoren senden über den Sehnerv entsprechend stärkere oder schwächere Signale an das Sehzentrum des Gehirns. Jedes Verhältnis der Stärken dieser drei Signale bewirkt eine andere Farbempfindung – die "Farbe" entsteht also erst durch die Verarbeitung in unseren Augen und im Gehirn. In der Grundschule kann man diesen Sachverhalt nicht behandeln. Soweit also nur in aller Kürze ein "theoretischer Hintergrund" für die Lehrenden.
Wichtig ist, dass die Schüler zwischen Lichtfarben und Körperfarben (auch Gegenstandsfarben oder Materiefarben genannt) unterscheiden lernen (siehe auch die Unterrichtseinheit Körperfarben und Lichtfarben zusammensetzen). Sie sehen Farbe in erster Linie als materielle Eigenschaft. Aber unsere Wahrnehmung von Farbe ist das Ergebnis komplexer Gehirntätigkeit.
Wie ein Regenbogen entsteht und unter welchen Bedingungen er zu beobachten ist, steht ausführlich in der Dokumentation zum Regenbogen. Im Folgenden werden die wichtigsten Punkte zusammengefasst:
- Der Regenbogen entsteht durch Brechung und Reflexion des Sonnenlichts in den Regentropfen.
- Der Hauptregenbogen entsteht, wenn das Sonnenlicht einmal beim Eintritt in den Regentropfen gebrochen wird, anschließend einmal an der Rückseite des Tropfens reflektiert wird, und schließlich noch einmal beim Austritt aus dem Regentropfen gebrochen wird.
- Eine zweite Reflexion im Tropfen führt zum ersten Nebenregenbogen (der viel schwächer ist, da immer nur ein kleiner Teil des Lichts reflektiert wird; mit jeder Reflexion nimmt die Lichtintensität ab).
- Man sieht einen Regenbogen, wenn man auf eine Regenwand schaut und gleichzeitig die Sonne scheint.
- Die Sonne darf nicht zu hoch am Himmel stehen (die Höhe der Sonne über dem Horizont darf nicht mehr als 42° betragen). Deshalb sieht man einen Regenbogen meistens am späten Nachmittag bzw. abends oder früh morgens.
Erste Aktivität: Vorstellungen der Schüler zum Regenbogen
Die Schüler sollen spontan beschreiben, wie sie sich die Entstehung eines Regenbogens erklären. In dieser Etappe entscheidet sich, wie die nachfolgenden Unterrichtsstunden gestaltet werden. Die Lehrerin schreibt zum Beispiel an die Tafel: "Stellt einen Regenbogen so dar, dass ein anderer verstehen kann, wann er zu sehen ist". Jeder Schüler schreibt seine persönliche Vorstellung in sein Experimentierheft.
Aus den Darstellungen der Schüler ergeben sich Fragen:
- zu den Farben: "Wie viele gibt es, in welcher Reihenfolge erscheinen sie? Ist die Reihenfolge immer die gleiche?",
- zur zeitlichen Abfolge des Geschehens: "Muss es regnen und zur gleichen Zeit die Sonne scheinen, oder muss man warten, bis es aufgehört hat zu regnen, ehe der Regenbogen erscheint?",
- zur relativen Position von Sonne, Regenwand und Beobachter bei der Entstehung des Phänomens.
Zu jeder Thematik (Farben im Regenbogen, zeitlicher Ablauf des Geschehens, Position von Sonne, Regen und Beobachter) heftet die Lehrerin die (zum Teil sicherlich widersprüchlichen) Zeichnungen der Schüler an die Tafel und lässt die Klasse über ihre Stichhaltigkeit diskutieren (Abb. 1). Die Schüler denken im Allgemeinen, dass es nur darauf ankommt, dass es regnet und dass die Sonne scheint. Dem Stand der Sonne am Himmel messen sie keine Bedeutung bei. Wohl aber diskutieren sie eifrig über die Position des Regenbogens in Bezug zum Regen. Ist der Regenbogen "im" oder "vor" dem Regen? Bemerkenswert ist, dass die Schüler von sich aus nie den Beobachter zeichnen.
Abb. 1: Schülerzeichnung, 3. Klasse. Manche Zeichnungen stellen das Geschehen als zeitlich aufeinanderfolgende Ereignisse dar. Diese Vorstellung wird diskutiert: In dieser 3. Klasse hat ungefähr die Hälfte der Schüler behauptet, Sonne und Regen müssten gleichzeitig da sein.
Aus dem, was die Lehrerin sagt (unter Umständen auch aus der Lektüre eines für Kinder geeigneten Textes) ergeben sich Antworten auf einen Teil der Fragen, besonders was die Farben betrifft: Es gibt nicht sieben Farben im Regenbogen – es gibt viel, viel mehr. Meistens lassen sich allerdings nicht mehr als vier oder fünf unterschiedliche Farbtöne unterscheiden. Offene Fragen werden am Schluss der ersten Unterrichtsstunde auf ein Plakat geschrieben und in den nächsten Unterrichtsstunden behandelt. Die Fragen können zum Beispiel sein:
- Welches sind die Farben an den Rändern des Regenbogens? Erscheinen die Farben immer in der gleichen Reihenfolge?
- Unter welchen Voraussetzungen sieht man einen Regenbogen? Kann man im Klassenzimmer einen Regenbogen beobachten?
- Kann man einen Regenbogen anfassen? Ist der Regenbogen ein materieller Gegenstand?
- Welche Vorstellungen zur Erklärung des Regenbogens haben Menschen im Lauf der Geschichte aufgeschrieben? Was ist von al-Farisi überliefert?
Zweite Aktivität: Im Klassenraum einen Regenbogen erzeugen
Um die drei ersten Fragen zu beantworten, brauchen die Schüler einen realen Regenbogen. Nun ist ein Regenbogen in der Natur nicht alle Tage zu sehen. Die Lehrerin fragt die Schüler, ob sie eine Idee haben, wie man die Regenbogenfarben in der Klasse erzeugen könnte. Den Kindern ist inzwischen klar, dass sie dazu Wasser (Regen) benötigen, und Sonne, beziehungsweise Licht. Manche regen an, auf dem Schulhof in der prallen Sonne einen Wasserstrahl zu beobachten. Wenn das Wetter mitspielt, lässt sich der Versuch gut machen. Andere wollen Licht durch Wasser in einem Glas schicken. Die Klasse wird in Vierergruppen aufgeteilt. Jeder Gruppe stehen ein mit Wasser gefülltes Weinglas (mit möglichst bauchigem Kelch) und eine Taschenlampe zur Verfügung. Der Klassenraum wird verdunkelt, und jede Gruppe bemüht sich, die Regenbogenfarben herzustellen. Nach ein paar Minuten finden sie heraus, dass sich ein kleiner Regenbogen im Inneren des Wasserglases beobachten lässt.
Abb. 2: Entstehung eines Regenbogens in einem Weinglas
Anmerkung von Sonnentaler
Man kann einen Regenbogen auch sehr gut folgendermaßen erzeugen: Man füllt Wasser in einen tiefen Teller und stellt ihn in die Sonne. Anschließend nimmt man einen kleinen Spiegel, taucht ihn schräg ins Wasser und orientiert ihn so, dass an einer Wand die Regenbogenfarben erscheinen. Es passiert Folgendes:
- Das Sonnenlicht wird, wenn es ins Wasser dringt, gebrochen (das heißt: die Sonnenlichtstrahlen werden abgelenkt, siehe Absorption, Reflexion und Brechung), und zwar der blaue Anteil des weißen (also aus allen Farben bestehenden) Sonnenlichts mehr als der rote Anteil.
- Der Spiegel reflektiert die einzelnen (farbigen) Sonnenstrahlen.
- Beim Austritt aus dem Wasser werden die Strahlen ein zweites Mal gebrochen.
- An der Wand erscheint ein "Regenbogen".
Den mit dem Glas erzeugten Regenbogen können nicht alle Schüler der Gruppe sehen, nur diejenigen, die der Lampe den Rücken zukehren. Das Experiment wird anschließend mit dem durch die Fenster einfallenden Sonnenlicht wiederholt. Auch mit Sonnenlicht kann ein kleiner Regenbogen beobachtet werden.
Abb. 3: Ein Kind beobachtet einen kleinen Regenbogen, der entsteht, wenn die Sonne durch ein Weinglas scheint.
Die Schüler stellen fest, dass die Anordnung der Farben immer gleich ist (von Violett bis Rot), dass Sonne und Wasser gleichzeitig vorhanden sein müssen, und dass der Regenbogen kein Gegenstand ist, den man anfassen kann. Vor allem aber stellen sie fest, dass es von der Stellung des Beobachters in Bezug zum Wasser und zum Licht abhängt, ob man die Regenbogenfarben sehen kann oder nicht. Es bleibt die vierte Frage zu klären: Wie und wann hat man bemerkt, wann ein Regenbogen entsteht?
Dritte Aktivität: Historischer Exkurs
Aus früheren Jahrhunderten sind zahlreiche Erwähnungen des Regenbogenphänomens
überliefert. Die Dokumente (die die Lehrerin mitbringt, oder die im
Internet zu finden sind) werden in den jeweiligen geografischen und
geschichtlichen Kontext gestellt. Anschließend sollen die Schüler die
den Texten entnommenen "Erklärungen" bzw. "Erklärungsfortschritte"
mit den Namen der Autoren in Verbindung bringen (siehe nachfolgende
Tabelle).
Wer genug Französisch kann, kann sich die Animation
"La
théorie de l'arc-en-ciel d'al-Fârisî" (al-Farisis Theorie des Regenbogens)
anschauen, in der die Ansichten von Aristoteles, Ibn Sina (Avicenna), Ibn al-Haytham (Alhazen)
und al-Farisi beschrieben werden.
Autor | Erklärung des Regenbogenphänomens |
---|---|
Aristoteles | Aus der "Meteorologica": Die kleinen Tropfen in den Wolken wirken wie kleine Spiegel und werfen die drei Farben Rot, Grün und Violett zurück. Diese entstehen durch die Mischung von Luft (hell, im Vordergrund) mit dem Wasser in den Wolken (dunkel, im Hintergrund). [5] |
Ibn Sina (Avicenna) (ca. 980–1037) | Der Regenbogen entsteht im feinen Dunst zwischen Sonne und Beobachter. |
Ibn al-Haytham (Alhazen) (ca. 965–1039/1040) | In seinem "Kitab al-Manaẓir" beschrieb Ibn al-Haytham die Reflexion und Brechung von Licht in einer mit Wasser gefüllten Glaskugel. |
al-Farisi (1267–1319) |
al-Farisi verfasste den Tanqih al-Manaẓir = Revision der Optik von Ibn
al-Haytham. Er gab die erste (mathematisch richtige) Erklärung des Regenbogens und des Nebenregenbogens (Konstruktion der Strahlen im Tropfen). Wie bereits al-Haytham experimentierte al-Farisi mit Glaskugeln, die mit Wasser gefüllt waren. Ein Regenbogen ist nur dann zu sehen, wenn ein Lichtstrahl von der Sonne in einen Regentropfen eindringt, zweimal gebrochen und mindestens einmal reflektiert wird und dann ins Auge eines Beobachters fällt. Dazu muss der Beobachter vor dem Regen stehen, mit dem Rücken zur Sonne. [6] |
Dietrich von Freiberg (um 1250–1320) | Aus "De iride et de radialibus impressionibus" (Über den Regenbogen und die durch Strahlen erzeugten Eindrücke): Das Sonnenlicht, das auf einen Regentropfen fällt, wird zweimal gebrochen und einmal reflektiert, bevor es ins Auge des Beobachters gelangt. Der Nebenregenbogen entsteht durch zweimalige Brechung und zweimalige Reflexion. Der Autor experimentierte wie schon Ibn al-Haytham mit kugelförmigen Glasflaschen als Modelle für die Regentropfen. |
al-Farisi und Dietrich haben unabhängig voneinander über den Regenbogen geschrieben, beide kannten al-Haythams Kitab al-Manaẓir (al-Farisi die Originalversion und Dietrich die lateinische Übersetzung von Witelo).
Aus dieser Arbeit mit Texten und Unterlagen kann zum Beispiel ein Wandfries entstehen: "Chronologie der Beiträge mittelalterlich-arabischer Texte zum Regenbogen". Wie hat sich in mittelalterlich-arabischen Texten die Erklärung zur Entstehung eines Regenbogens im Lauf der Zeit verändert? Die Schüler markieren die ungefähren Entstehungsdaten der Texte von Aristoteles, Ibn Sina, Ibn al-Haytham und al-Farisi auf einer Zeitachse.
Abb. 4: Ein Wandfries – Chronologie der Beiträge zur Erklärung des Regenbogens
Es bleiben immer noch Fragen offen, vor allem die nach der Entstehung der Farben. Bis jetzt haben die Regentropfen als eine Art "blackbox" die mysteriöse Fähigkeit, uns die ganze Farbenpalette des Sonnenlichtes zu offenbaren. Tatsächlich wurde dieser Effekt erst im 17. Jahrhundert in den Arbeiten von Isaac Newton einigermaßen vollständig entschlüsselt. Auch wenn hier nicht wirklich auf die Farbentstehung im Regenbogen eingegangen wird, bieten sich dennoch Übungen an, in denen sich die Schüler mit bestimmten Begriffen der Physik des weißen Lichts und des Farbsehens vertraut machen können.
Eine vollständigere Aufklärung des Regenbogenphänomens erscheint in der Grundschule und selbst in den ersten Oberschulklassen kaum möglich. Aber der Weg, den uns die arabischen Texte seit dem 10. Jahrhundert weisen, bringt uns dahin, dass ein wunderschönes, die meisten Kinder begeisterndes Phänomen wenigstens teilweise schon in der Grundschule verstanden wird.
Vierte Aktivität: Lichtfarben zusammensetzen – Farbaddition
Falls wir die Gelegenheit benutzen wollen, um den Schülern die Unterscheidung zwischen dem Verhalten farbiger Stoffe (insbesondere bei den vertrauten Farbmischungen in der Malerei) und dem des farbigen Lichtes zu verdeutlichen, lässt sich eine weitere Aktivität anschließen. Siehe dazu auch das Unterrichtsmodul "Körperfarben und Lichtfarben zusammensetzen".
1. Herstellen und beobachten von Farben durch Überlagerung farbigen Lichts
Die Übung zielt darauf ab, die Schüler eindrücklich merken zu lassen, dass das, was sie beobachten, nicht das ist, was sie erwartet haben. Sie sollen durch die Verunsicherung einen anderen Blick für die Farbphänomene gewinnen, sich andere Gedanken machen als zum Beispiel im Kunstunterricht, wenn sie Farbmischungen ausprobieren.
Jede Schülergruppe erhält drei verschiedenfarbige Lichtquellen: eine rote, eine grüne und eine blaue (zum Beispiel "Highpower LEDs"). "Welche Farben könnt ihr mit den drei Lichtquellen erzeugen?" Die Antworten zeigen, wie stark das Mischen von Licht mit dem Mischen von (Mal-) Farben verwechselt wird. Manche Schüler sagen zum Beispiel voraus, dass sie "durch Mischen von Grün und Rot, bzw. durch Mischen der drei Lampenfarben, Braun erhalten werden". Das Experiment bringt sie dazu, die beiden Arten von "Mischung" zu unterscheiden. Die überraschendste Mischung ist zweifellos die von Rot mit Grün, die Gelb ergibt und nicht Braun, wie das bei Malfarben der Fall wäre. Grün plus Blau ergibt Cyan, die Überlagerung von rotem und blauem Licht Magenta. Die drei Strahlen Rot, Grün und Blau überlagern sich zu weißem Licht.
2. Farbige Schatten erzeugen
Für die meisten Schüler sind Schatten schwarz oder grau. Im Laufe dieser letzten Übung verstehen sie, dass ein Schatten kein materieller schwarzer Gegenstand ist und sich nicht wie ein dunkler Fleck verhält. Tatsächlich ist ein Schatten ein weniger stark beleuchteter Bereich, der daher dem Auge wenig Licht zurückwirft. Wenn der Schatten von einer anderen als der den Schatten erzeugenden Lichtquelle angestrahlt wird, wirft er einen Teil des von der anderen Quelle empfangenen Lichts zurück. Wenn diese zweite Lichtquelle aus farbigem Licht besteht, wird auch der Schatten farbig, wie wir sehen werden. Die Entstehung farbiger Schatten lässt sich nur verstehen, wenn einem vollkommen klar ist, das ein Schatten kein Gegenstand ist, sondern ein Beleuchtungszustand eines solchen.
Schritt 1: Die Schüler sollen voraussagen, was sie sehen werden, wenn sie einen Gegenstand (zum Beispiel ihren Stift) mit rotem Licht beleuchten. Der Stift wird senkrecht auf ein weißes Blatt Papier gestellt. Die Schüler beobachten den Schatten des Stifts. Er erscheint dunkelgrau. Drumherum ist rotes Licht.
Schritt 2: Was geschieht wenn man jetzt denselben Stift gleichzeitig
mit rotem und mit grünem Licht beleuchtet (die Lichtquellen stehen
nebeneinander)? Was wird man auf dem Blatt Papier sehen? Warum?
Manche
Schüler sagen zwei (grau/schwarze) Schatten in gelbem Licht voraus, das
Gelb resultierend aus der Überlagerung von Rot und Grün. Das Experiment zeigt
jedoch, dass die Schatten farbig sind. Das hat in der Regel keiner
vorausgesagt. Der erste Schatten (aus Schritt 1) wird jetzt von dem
grünen Licht beschienen und wirft dieses grüne Licht zurück in die Augen des
Beobachters. Man erhält also einen grünen Schatten. Auf der anderen Seite
entsteht auch durch die "grüne Lampe" ein Schatten, der wiederum von der
"roten Lampe" beleuchtet wird. Die Schüler beobachten also zwei
Stiftschatten, der eine grün, der andere rot. Um die Schattenbereiche herum
überlagern sich die beiden Lichtfarben. Rotes Licht + grünes Licht
= gelbes Licht.
Schritt 3: Was geschieht, wenn man den Stift mit blauem und mit rotem
Licht anstrahlt? Und dann mit allen drei Lichtquellen, der blauen, der roten
und der grünen?
Dieser letzte Schritt ist für die Kinder in der
Grundschule kein leichter. Alle drei Schatten, die der Stift im Licht der drei
Lichtquellen wirft, werden von je zwei Lichtquellen angestrahlt, werfen also
die Überlagerung von zwei Farben zurück in das beobachtende Auge. Man erwartet
demnach radial vom Fußpunkt des Stifts ausgehend drei Zonen in den Farben
Magenta, Gelb und Cyan. Um sie herum überlagern sich rotes, blaues und grünes
Licht und ergeben zusammen weißes Licht.
Abb. 5: Kinder beobachten farbige Schatten.
Fotos von Regenbögen
Fußnoten
1: Kamal al-Din Hasan ibn Ali ibn Hasan al-Farisi (1267-1320) war Perser und wirkte in Täbris (heute Ost-Aserbaidschan/Iran), seiner Heimatstadt, seinerzeit Hauptstadt des mongolischen (Teil)-Khanats, dessen teils nestorianisch-christliche, teils buddhistische Herrscher zu al-Farisis Lebzeiten aus Machterhaltungsgründen zum Islam übertraten und sowohl militärische als auch kommerzielle Kontakte mit europäischen Machthabern knüpften. al-Farisi revidierte Ibn Haythams Texte, beschrieb Experimente zur Brechung und Spiegelung mit der Camera obscura und verfasste – 400 Jahre nach Thabit ibn Qurra – Beiträge zur Zahlentheorie.
2: Der Artikel "Die sagenhafte (Wieder-) Aufnahme naturkundlichen Denkens in den mittelalterlichen islamischen Reichen" stellt einige Autoren arabischer Schriften des Mittelalters im historischen/naturwissenschaftshistorischen Kontext vor.
3: Licht selbst ist unsichtbar, siehe die Unterrichtseinheit "Wie kommt es, dass man einen Gegenstand sehen kann? – Licht und Sehen".
4: Siehe den Text "Das Spektrum des Lichts" in der Dokumentation.
5: Literatur: Aydin M. Sayili: The Aristotelian Explanation of the Rainbow, S. 65-83
6: Literatur:
Letzte Aktualisierung: 15.10.2024