5.1: Die Pralinenschachtel
Autoren: | |
Publikation: | 26.10.2017 |
Lernstufe: | 2 |
Übersicht: | Die Schüler entwerfen einen einfachen Gegenstand. Sie denken über Qualitätskriterien und Funktionstüchtigkeit nach. Sie erkunden und untersuchen Lösungen, die sich vor ihnen andere Designer ausgedacht haben. Sie überlegen sich, welche Funktion der Gegenstand haben soll und machen sich mit den einzelnen Schritten der Gestaltung und Herstellung vertraut. Sie achten auf die Wiederverwertbarkeit der Materialien. Sie stellen den Gegenstand her und vergleichen das Endprodukt mit dem ursprünglichen Entwurf in ihrem Pflichtenheft. Sie entwickeln Tests zur Qualitätskontrolle. |
Angestrebte Kenntnisse: |
Wissenschaftlich denken, kritisch denken:
Ein Problem analysieren bzw. lösen. Für Anfänger: Für die Lösung eines Problems die Ziele und Zwänge identifizieren. Begründen können, weshalb man sich für eine bestimmte Lösung entscheiden hat. Kompetenzen: Mit Unterstützung der Lehrerin forschendes Lernen betreiben: Die Funktion und Funktionsweise technischer Gegenstände verstehen; einfache Gegenstände selbst herstellen; ein ethisches und verantwortungsvolles Verhalten an den Tag legen. |
Schwerpunkt: | Sachunterricht |
Dauer: |
Aktivität 1: 45 bis 60 Minuten Aktivität 2: 45 bis 60 Minuten Aktivität 3: Zeit für das Sammeln des Materials, dann 45 bis 60 Minuten Aktivität 4: 20 bis 60 Minuten (je nachdem, wie aufwendig die Tests sind) |
Material: |
Für die Aktivität 1 (für jede Schülergruppe):
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Herkunft: | La main à la pâte, Paris |
Aktivität 1: "Industriespionage"
Ablauf: Die Schüler sollen eine Pralinenschachtel entwerfen (Phase 1) und untersuchen dazu Produkte, die es bereits auf dem Markt gibt (Phase 2).
Botschaft zum Mitnehmen: Bei der Entwicklung eines Produktes sollte man sich gut überlegen, was man damit machen bzw. erreichen will. Bevor man es herstellt, sollte man recherchieren, ob nicht schon andere Leute gute Lösungen für ein solches oder ähnliches Produkt gefunden haben.
Vorbereitung: Die Lehrerin bittet die Schüler, vor Beginn dieses Projekts Pralinenschachteln und/oder Verpackungen von Schokoladentafeln und/oder Ähnliches mit in die Schule zu bringen. Auch sie bringt Verpackungen mit, insbesondere auch zwei-drei Verpackungen von Fairtrade- oder Bioprodukten. Durch dieses Sammeln werden die Schüler aktiv mit einbezogen. Sie sind dann gespannt auf den Inhalt der Unterrichtsstunde und bringen sich mehr ein. Dadurch nehmen sie Kenntnisse und Fähigkeiten besser auf und prägen sie sich besser ein.
Phase 1: Ideen sammeln (ca. 15 min)
Die Lehrerin erklärt der Klasse die Herausforderung: Sie sollen eine Pralinenschachtel entwerfen – die allerschönste Pralinenschachtel der Welt. Die Schüler überlegen, was eine solche "allerschönste" Pralinenschachtel kennzeichnet: "Sie schützt gut", "Man kann besonders viel Schokolade hineinpacken", "sie ist nicht zu sperrig". Die Schülerantworten werden notiert und für die nächsten Phasen der Aktivität aufgehoben.
Pädagogische Anmerkung
Die Lehrerin kann eventuell vorgeben, wie viele Pralinen verpackt werden sollen. Sie kann zur Normierung der Pralinengröße kleine Steine, leere Kaffeesahne-Behälter oder leere Kaffeekapseln nehmen. Würde man echte Pralinen nehmen, wäre es wahrscheinlich um die Konzentration der Schüler geschehen.
Phase 2: Wie haben andere Hersteller von Pralinenschachteln das Problem gelöst? (ca. 35 min)
Die Lehrerin schlägt vor, zunächst die Verpackungen aus dem Handel untereinander zu vergleichen. Jede Schülergruppe bekommt die gleiche Anzahl an (leeren) Pralinenschachteln (mit jüngeren Schülern sollte man sich auf eine Schachtel beschränken).
Abb. 1: Die Schokoladenabteilung in einem Supermarkt
(Foto: Leandro Neumann Ciuffo, Quelle: Wiki Commons, CC BY 2.0)
Jede Gruppe arbeitet zunächst unabhängig und frei. Die Lehrerin stellt (schriftlich oder mündlich) Fragen, um die Schüler auch auf Aspekte zu bringen, an die sie vielleicht nicht denken: Dicke der Schachtel, Größe der Schachtel im Vergleich zum Inhalt, Material, besondere Merkmale – der Schachtel und des Inhalts (bio, fairtrade, ökologisch).
Jede Gruppe wählt eine Verpackung aus und beschreibt diese. Dazu kann das Arbeitsblatt 18 (Beschreibung einer Pralinenschatel) verwendet werden.
Pädagogische Anmerkungen
- Die Schüler können hier an einfachen technischen und gebräuchlichen Gegenständen ihre Beobachtungs- und Reflektionsfähigkeiten trainieren (hinsichtlich des verwendeten Materials, der Funktion und der technischen Merkmale).
- Sie üben auch, die Produkte zu beurteilen und hinsichtlich ihrer Umweltverträglichkeit kritisch zu betrachten. Sie legen ein ethisches und verantwortungsvolles Verhalten an den Tag und bewerten die vom Hersteller gemachten Angaben zur Umweltverträglichkeit des Produktes. Zum Beispiel: "Entsprechen die auf der Verpackung gemachten Angaben der Realität?"
Abb. 2: Pralinenschachteln aus dem Supermarkt
(Quelle für alle Fotos: Wiki Commons;
Foto 1:
Chocolats puyricard, CC BY-SA 3.0;
Foto 2:
Chrys Omori, CC BY 2.0;
Foto 3:
Everjean CC BY 2.0;
Foto 4:
Sabrina.fas, CC BY-SA 4.0)
Aktivität 2: Die schönste Pralinenschachtel entwerfen – das Pflichtenheft
Ablauf: Jede Schülergruppe erstellt ein Pflichtenheft für die Herstellung ihrer Pralinenschachtel.
Botschaft zum Mitnehmen: Um einen technischen Gegenstand – eine Pralinenschachtel zum Beispiel – zu fabrizieren, muss man das Herstellungsverfahren planen. Dazu setzt man ein Pflichtenheft auf.
Die Lehrerin erklärt, was ein Pflichtenheft ist. Darin werden alle Merkmale und Eigenschaften, die das Produkt haben soll, aufgelistet. Jede Gruppe bekommt das Arbeitsblatt 19 (Pflichtenheft für unsere Pralinenschachtel) bzw. eine einfache Form davon: das Arbeitsblatt 20. Durch das Ausfüllen des Pflichtenheftes entsteht praktisch die Herstellungsplanung.
Vor dem Ausfüllen diskutiert die Klasse gemeinsam, wie man einen technischen Gegenstand konzipiert. Hier sind einige Möglichkeiten, die je nach Klassenstufe angepasst werden können.
- Die Pralinenschachtel soll bestimmte Bedürfnisse und Funktionen erfüllen. Die Pralinen sollen darin aufbewahrt und transportiert werden können, die Schachtel soll ästhetisch sein usw. Die Herstellung unterliegt technischen Zwängen: Manche hängen nur von unserem Willen ab (soll die Herstellung und Entsorgung der Schachtel umweltverträglich sein oder nicht?), andere hängen davon ab, welche Materialien zur Verfügung stehen.
- Für die Herstellung müssen einige Entscheidungen getroffen werden:
- Materielle Eigenschaften: Größe im Vergleich zum Inhalt, Gewicht, Material;
- Ergonomie: Die Pralinen bewegen sich in der Schachtel nicht; man kann sie leicht herausnehmen, ohne dass sie kaputtgehen; man kann die Schachtel leicht transportieren und stapeln usw.;
- Ästhetik: Man kann die Pralinen von außen sehen, die Verpackung sieht schön aus usw.
- Das Pflichtenheft endet mit einer Liste des benötigten Materials.
Nun können sich die Gruppen selbstständig an die Erstellung des Pflichtenheftes machen.
Pädagogische Anmerkungen
- Die Lehrerin zieht eventuell vor, diese Aktivität mit der gesamten Klasse zu machen und nicht in Gruppenarbeit. In diesem Fall gibt es nur ein Pflichtenheft, und die Pralinenschachteln werden alle gleich aussehen.
- Mit jüngeren Schülern kann die vereinfachte Form des Pflichtenheftes verwendet werden: Arbeitsblatt 20. Darin müssen nur Kästchen angekreuzt werden. Die älteren können dagegen frei arbeiten und selbst Anforderungen an das Endprodukt stellen.
- Die Lehrerin kann sich eventuell über die Schritte und Vorgehensweise bei der Herstellung eines technischen Gegenstands informieren.
Aktivität 3: Das Material zusammenstellen und den Gegenstand produzieren
Ablauf: Die Schüler stellen das Material zusammen (Phase 1) und stellen die Pralinenschachtel her (Phase 2).
Botschaft zum Mitnehmen: Bevor man einen Gegenstand herstellen kann, muss man das nötige Material zusammensuchen. In manchen Fällen kann man Teile anderer Gegenstände wiederverwerten. Arbeitet man als Team, kommen viel mehr Ideen zusammen, die man gegenüberstellen kann.
Phase 1: Das Material zusammenstellen (vor der Aktivität)
Die Lehrerin stellt in eine Ecke des Klassenraums einen großen Karton, in den die Schüler das mitgebrachte Material für die Herstellung der Pralinenschachteln verstauen können. Auch die Lehrerin legt Material (an das die Schüler vielleicht nicht gedacht haben) in diesen Karton.
Möglicher Inhalt des Kartons: Papier, Pappe, Leichtschaumplatten, Styropor, Plastikfolien verschiedener Dicke, Klarsichtfolie, Plastikfolie, Stoff, Watte, Küchenpapier, Schuhkartons, leere Streichholzschachteln, Aluminiumfolie usw.
Abb. 3: Material für die Herstellung der Pralinenschachteln
Pädagogische Anmerkung
Das meiste Material wird wiederverwertbares Material von Alltagsgegenständen sein, deren Funktion die Schüler sehr gut kennen. Um sich für dieses recycelte Material eine neue Verwendung vorstellen zu können, muss man verdrängen, wofür der Gegenstand gewöhnlich verwendet wird.
Phase 2: Die Pralinenschachteln herstellen (ca. 1 Stunde)
Die Schüler arbeiten in Gruppen an der Herstellung ihrer Pralinenschachteln. Sie nehmen dazu ihr Pflichtenheft (oder das gemeinsame Pflichtenheft der Klasse) zur Hand und suchen sich aus dem "Materiallager" das benötigte Material zusammen.
Zum Schluss werden die Pralinenschachteln auf einem Tisch ausgestellt. Die Schüler schauen sich die Werke der anderen Gruppen an.
Aktivität 4: Bewertung der fertigen Pralinenschachteln
Ablauf: Die Schüler nehmen wieder ihre Pflichtenhefte zur Hand und bewerten die Qualität ihrer Pralinenschachteln.
Botschaft zum Mitnehmen: Nach der Fertigstellung eines Gegenstands ist es sinnvoll, auf seine ursprünglichen Ziele zurückzukommen, um festzustellen, ob sie erreicht wurden. Man kann auch Tests durchführen, um zu überprüfen, ob der Gegenstand die an ihn gestellten Erwartungen erfüllt.
Die Lehrerin bittet jede Arbeitsgruppe das Endprodukt anhand der von den Schülern im Pflichtenheft formulierten Kriterien zu bewerten.
Die Schüler können sich Tests ausdenken, um einige der geforderten Eigenschaften zu testen (zum Beispiel die Hitzebeständigkeit der Schachtel).
Wenn die Pralinenschachtel ein gemeinsames Projekt der gesamten Klasse war, können die verschiedenen Ausführungen verglichen werden. Die Klasse kann bestimmen, welche Schachtel(n) die geforderten Kriterien am besten erfüllt/erfüllen. Sie kann auch die "beste Pralinenschachtel" küren.
Die Lehrerin sollte unbedingt die Lösungen loben, auf die die Schüler gekommen sind, wenn sie Schwierigkeiten begegnet sind. Sie kann ihnen auch bei vorhersehbaren Schwierigkeiten helfen, so dass sie ihre Schachtel perfektionieren können. Innovation entsteht nicht aus Erfolg und Fehlern, sondern durch fortlaufende Verbesserungen eines Produkts.
Abb. 4: Fertige Pralinenschachteln
Mögliche Fortsetzung: Die Pralinenschachteln verkaufen
Wie viele Pralinenschachteln herstellen?
Manche Klassen möchten sicherlich tatsächlich Pralinen in ihre Pralinenschachteln tun, um sie ihren Familien mitzubringen. In diesem Fall kann die Lehrerin mit den Schülern ein bisschen Mathematik betreiben: Wie viele Schachteln sind nötig, um darin 30 Pralinen unterzubringen, wenn in jede Schachtel 5 Pralinen passen usw.
Die Pralinenschachteln verkaufen
Die Schüler können sich Gedanken machen über die Verkaufsargumente von Pralinenherstellern, die die Käufer dazu bringen wollen, ihre Produkte zu kaufen: "Was bringt den Kunden dazu, diese bestimmte Pralinenschachtel zu kaufen anstatt eine andere?" Oder anders gefragt: "Welche Argumente sollte man vorbringen, damit die Pralinenschachtel möglichst viel verkauft wird?"
Wenn in den Pflichtenheften dieser Punkt nicht berücksichtigt wurde, kann die Klasse sich nun Gedanken über die ästhetischen Anforderungen der Menschen machen, die eine Pralinenschachtel kaufen wollen (Verbindung zum Kunstunterricht).
Man kann den Schülern vorschlagen sich eine Werbekampagne auszudenken (Sprachförderung): "Welche Verkaufsargumente sollten in den Vordergrund gestellt werden?" "Welcher Kundentyp soll angesprochen werden?" "Wie kann man bei den Kunden die Kauflust wecken?" Die Schüler können sich allgemein darüber Gedanken machen, wie wir als Verbraucher immer wieder solcher Werbung ausgesetzt sind.
Falls das Argument der Umweltfreundlichkeit der Schachtel (wieder) auftaucht, können die Schüler darüber nachdenken, wie/warum ein solches Argument Verbraucher heutzutage überzeugt.
Zusammenfassung
Die Lehrerin hilft den Schülern, die Etappen des Herstellungsprozesses zusammenzufassen.
- Wir haben die Herausforderung verstanden.
- Wir haben uns ähnliche Beispiele angeschaut (Pralinenschachteln aus dem Supermarkt).
- Wir haben die Anforderungen und Zwänge (Einschränkungen) definiert (z. B. das zur Verfügung stehende Material).
- Wir haben einen Plan gemacht.
- Wir haben nachgefacht, bevor wir gehandelt haben.
- Wir haben unseren Gegenstand hergestellt.
- Wir haben unseren fertigen Gegenstand streng begutachtet, insbesondere haben wir überprüft, ob die geplanten Anforderungen erfüllt worden sind.
Zum Schluss fragt die Lehrerin die Schüler, ob ihnen andere Alltagssituationen einfallen, in denen diese Vorgehensweise (zum Lösen von Problemen) angewendet wird. Zum Beispiel: einen sinnvollen/vernünftigen Kauf machen, eine Fahrstrecke auswählen, eine Mathematikaufgabe lösen usw.
Evaluation
In dem Evaluationsbogen 11 (Eierkartons vergleichen) müssen die Schüler gute Argumente finden, um aus vier Eierkartons den besten auszuwählen.
Letzte Aktualisierung: 29.11.2023