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Homepage > Dokumentation > Naturwissenschaften > Biologie > Grundlagen > Biodiversität

Biodiversität

Autor:
Publikation: 22.12.2006
Herkunft: La main à la pâte, Paris

Einleitung

Der Ausdruck "Biosphäre" beschreibt die Gesamtheit der Lebewesen, die heute unseren Planeten bewohnen, und die Gesamtheit der Lebensräume, die sie besetzen. Mit über 1 800 000 verschiedenen bis heute bekannten und benann­ten Arten ist die Biodiversität, d. h. die Vielfalt der Arten, aus denen sich unsere Biosphäre zusammensetzt, enorm. Mittlerweile wird sogar angenommen, dass die Biodiversität noch wesentlich größer ist, da die tatsächliche Anzahl der Arten Schätzungen zufolge mindestens fünf- bis zehnmal höher sein könnte. Man kann festhalten, dass die Zahl der Arten, die irgendwann einmal auf der Erde lebten, wesentlich größer ist, wenn man berücksichtigt, dass im Laufe der geologischen Zeitalter Arten ausgestorben sind, wobei die Wissen­schaftler den Ursprung des Lebens auf die Zeit vor etwa 3,5 Milliarden Jahren ansetzen. Im Laufe der geologischen Zeitalter tauchen in der Tat neue Arten auf, verbreiten sich in einer bestimmten Umwelt und verschwinden anschlie­ßend wieder.

Fotos von Trilobit, Ammonit und Brachiopode

Abb. 1: Im Laufe der geologischen Zeitalter sterben Arten aus, während neue Ar­ten ent­stehen. Die Trilobiten waren Arthropoden, die am Ende des Paläozoikums ver­schwanden. Die Ammoniten waren Weichtiere (Mollusken), die am Ende des Mesozoikums verschwanden. Zahlreiche Brachiopodenarten verschwanden eben­falls am Ende des Paläozoikums und Mesozoikums, einige kommen aber noch heute in der Natur vor. Die Brachiopoden stellen eine Gruppe dar, die äußerlich einigen Muscheln gleicht, aber nicht zum Stamm der Mollusken gehört.

Der Begriff "Biodiversität" bezieht sich nicht nur auf die Vielfalt der Lebewesen auf der Erde, sondern auch auf die Gemeinschaften, die sie bilden, und die Lebensräume, in denen sie leben. So wird die biologische Vielfalt in Artikel 2 der Biodiversitäts-Konvention, die 1992 auf dem Weltgipfel im brasilianischen Rio de Janeiro von 188 Staaten unterzeichnet wurde, wie folgt definiert:
Variabilität unter lebenden Organismen jeglicher Herkunft, darunter unter anderem Land-, Meeres- und sonstige aquatische Ökosysteme und die öko­logischen Komplexe, zu denen sie gehören; dies umfasst die Vielfalt innerhalb der Arten und zwischen den Arten sowie die Vielfalt der Ökosysteme.

Foto: Blattläuse und eine Ameise auf einem Blatt

Abb. 2: Blattläuse und Ameise: Die Biodiversität umfasst auch die Symbiosen ("Lebens­gemein­schaften") von Lebewesen. So sind Blattläuse auf Pflanzen ange­wiesen, deren Saft sie saugen. Manche Ameisen wiederum hängen von den Blatt­läusen ab: Sie ernähren sich von dem Honigtau, den die Blattläuse ausscheiden.

Eine Art setzt sich aus der Gesamtheit aller Organismen zusammen, die von­einander abstammen, sowie bei Arten mit geschlechtlicher Fortpflanzung aus der Gesamtheit der Organismen, die sich miteinander fortpflanzen und frucht­bare Nachkommen hervorbringen können. Die Mitglieder einer Art sehen sich zwar oft sehr ähnlich, aber dies ist keine absolute Regel. So sind bei einigen Arten die Unterschiede zwischen Weibchen und Männchen (Sexualdimorphis­mus) so groß, dass man bei einer einfachen Beobachtung meinen könnte, sie gehörten zwei verschiedenen Arten an.

Das Gleiche gilt für Arten, die bei der Entwicklung eine Metamorphose durch­machen, wie es bei vielen Insekten und bei den Amphibien der Fall ist. Der Unterschied zwischen dem adulten Tier und dem Larvenstadium/den Larven­stadien kann so groß sein, dass nur ein Spezialist erkennen kann, dass sie zur selben Art gehören.


Fotos eines adulten Frosches und einer Kaulquappe

Abb. 3: Zwei Entwicklungsstadien des Frosches: Der Frosch durchläuft während seiner Entwicklung ein Larvenstadium (Kaulquappe), dessen Anatomie, Physiologie und Lebensweise sich stark von denen des adulten Tieres unterscheiden.

Seit dem Ende des 19. Jahrhunderts hat eine Fülle unterschiedlichster Argu­mente aus allen Disziplinen der Biologie und Paläontologie die Biologen davon überzeugt, dass alle heute lebenden und alle ausgestorbenen Arten von ein und demselben Vorfahren abstammen und daher alle miteinander verwandt sind. Dies wird durch den Begriff Evolution ausgedrückt. Daraus folgt unter anderem, dass alle heute lebenden Arten umso enger miteinander verwandt sind, desto jünger ihr gemeinsamer Vorfahre ist. Daher stützt sich die Klassifi­kation der Lebewesen heute auf phylogenetische Grundlagen, das heißt die Organismen werden entsprechend ihrer evolutionären Verwandtschafts­beziehungen klassifiziert. Der Evolutionsbegriff ist für die Biologie so zentral geworden, dass Theodosius Dobzhansky, einer der bedeutendsten Evolutions­experten, schreiben konnte: "Nichts in der Biologie ergibt einen Sinn, außer im Licht der Evolution."

Die Biologen sind sich auch darin einig, die Lebewesen in drei große Gruppen einzuteilen: die Bakterien, die Archaeen (Urbakterien) und die Eukaryoten (Organismen, die aus Zellen mit einem echten Zellkern bestehen). Diese drei Gruppen, die einen gemeinsamen Vorfahren haben, bilden die drei Äste des Stammbaums der Lebewesen. Die Eukaryoten umfassen die Tiere, die Pilze, die Algen und die Pflanzen sowie eine Vielzahl von Einzellern, die verschiedenen Gruppen angehören. Bakterien und Einzeller sind mit bloßem Auge nicht zu erkennen und werden daher als Mikroorganismen bezeichnet. Trotz ihrer mikroskopischen Größe spielen sie eine wichtige Rolle in der Funktionsweise der Ökosysteme, und es wird angenommen, dass sie etwa die Hälfte der Biomasse (Masse aller Lebewesen) ausmachen.

Nomenklatur, Evolution und Klassifikation

Die enorme Vielfalt der in der Biosphäre vorkommenden Arten erfordert eine Klassifikation. Im 18. Jahrhundert, als erst 4000 verschiedene Arten beschrie­ben waren, erfand der schwedische Botaniker Carl von Linné (1707-1778) eine Methode zur Klassifikation der Pflanzen, die auf morphologischen Unterschie­den ihrer Sexualorgane beruhte.

Fotos verschiedener Blütenpflanzen

Abb. 4: Linnés Klassifikation der Blütenpflanzen basierte auf der extremen Vielfalt ihrer Sexualorgane, der Blüten.

Er führte auch die binominale Nomenklatur zur Kennzeichnung der Lebewesen ein. In diesem Nomenklatursystem, das die Wissenschaftler noch heute ver­wenden, wird jedes Lebewesen durch zwei lateinische Namen gekennzeichnet, die üblicherweise kursiv geschrieben werden: Ein Gattungsname, der mit einem Großbuchstaben beginnt, und ein Artname, der mit einem Kleinbuchstaben beginnt. So ist beispielsweise der wissenschaftliche Name der Hauskatze Felis catus und der des Regenwurms Lumbricus terrestris. Heute werden in einer Gattung die Arten zusammengefasst, die die engste verwandtschaftliche Beziehung zueinander haben, das heißt, die von dem jüngsten gemeinsamen Vorfahren abstammen, während die Zuordnungen früher aufgrund morpholo­gischer Ähnlichkeiten erfolgten. So wurden beispielsweise in der Gattung Lumbricus fünf verschiedene Arten beschrieben, was bedeutet, dass diese fünf Regenwurmarten enger miteinander verwandt sind als mit allen anderen Regenwurmarten, z. B. solchen aus den Gattungen Eisenia oder Allolobophora, die zwar eine ähnliche Morphologie besitzen, aber hinsichtlich der evolutionä­ren Verwandtschaft weiter entfernt sind.

Alle Klassifikationselemente – Art, Gattung oder Gruppierungen auf einem höheren Niveau wie Familie, Ordnung usw. – stellen taxonomische Einheiten (Taxa) dar, deren Beziehungen die stammesgeschichtliche Entwicklung widerspiegeln. So stammen die verschiedenen Arten einer Gattung von einem gemeinsamen Vorfahren ab, der jünger ist als derjenige, der dieser Gattung und den anderen Gattungen derselben Familie gemeinsam ist. Daher ist jedes Taxon mit einem Taxon der nächst höheren Stufe verschachtelt. Wie wir bereits gesehen haben, werden die Arten zu Gattungen zusammengefasst und die höheren taxonomischen Einheiten sind in steigender Reihenfolge die Familien, die Ordnungen, die Klassen, die Stämme (auch Phyla, die sich durch einen gemeinsamen Bauplan auszeichnen) und die Reiche. Nehmen wir noch einmal das Beispiel der Katze. Sie gehört zur Art catus der Gattung Felis, die zur Familie der Echten Katzen (Felidae) der Ordnung Raubtiere (Carnivora) gehört, die der Klasse der Säugetiere (Mammalia) zugeordnet wird, die ihrerseits zum Stamm der Chordatiere (Chordata) aus dem Reich der Vielzeller (Metazoa) gehört. Halten wir fest, dass dieses Reich zur Reihe der Eukaryoten gehört, einem der drei Hauptäste des Stammbaums der Lebewesen. Zu den Eukaryoten zählen heute ca. 60 verschiedene Stämme. Die Klassifikation der Lebewesen bildet so einen Stammbaum, der ihre verwandtschaftlichen Beziehungen widerspiegelt.

Es muss präzisiert werden, dass der übliche deutsche Name der Tiere selten eine einzige Art beschreibt. So bezeichnet der Name "Regenwurm" mehrere verschiedene Arten, die sogar zu verschiedenen Gattungen wie Lumbricus, Eisenia und Allolobophora gehören.

Foto eines Wurms

Abb. 5: Eisenia foetida (Regenwurm oder Kompostwurm)

Ebenso bezeichnet der Name "Frosch" sowohl den Teichfrosch, Rana esculenta, als auch den Grasfrosch, Rana temporaria.

Foto: Rana esculenta

Abb. 6: Rana esculenta (Teichfrosch): Zur Gattung Rana gehören mehrere Arten von Fröschen.

Es ist auch anzumerken, dass das grammatikalische Geschlecht der Trivial­namen manchmal irreführend sein kann; so wird manchmal fälschlicherweise angenommen, dass der Frosch das Männchen der Kröte sei oder die Eule das Weibchen des Kauzes. In Wirklichkeit gibt es in jeder Froschart männliche und weibliche Frösche, in jeder Krötenart männliche und weibliche Kröten, männ­liche und weibliche Käuze, männliche und weibliche Eulen usw.

Vielfalt der Tiere

Bis zum heutigen Tag wurden etwa 1,5 Millionen Tierarten beschrieben und benannt, wenn man fossile Arten unberücksichtigt lässt. Aber man schätzt, dass es mindestens zehnmal mehr gibt, und jedes Jahr kommen mehrere Tausend neu entdeckte Arten hinzu.

Die heutige Fauna verteilt sich auf circa 30 Stämme, wobei ein Stamm als Gemeinschaft von Organismen definiert wird, die von einem gemeinsamen Vorfahren den gleichen Bauplan geerbt haben.

Die paläontologischen Archive zeigen, dass alle diese Stämme (Phyla) seit der Zeit des Kambriums vor 550 Millionen Jahren existieren (siehe Geologische Zeitskala). Die Tierstämme mit der höchsten Anzahl verschiedener Arten sind die Anneliden oder Ringelwürmer (ca. 15 000 Arten), die Nematoden oder Fadenwürmer (ca. 25 000 Arten), die Vertebraten oder Wirbeltiere (ca. 45 000 Arten), die Mollusken oder Weichtiere (ca. 70 000 Arten) und vor allem die Arthropoden oder Gliederfüßer (über 1,2 Millionen Arten, davon über 1 Million Insektenarten).


Foto von 5 Feldmäusen

Feldmäuse (Säugetier)

Foto eines Salamanders

Salamander (Amphibie)

Wirbeltiere: Es gibt 45 000 verschiedene Arten von Wirbeltieren.

Foto einer Auster

Auster (Muschel)

Foto einer Weinbergschnecke

Schnecke (Bauchfüßer)

Weichtiere: Es gibt ca. 70 000 verschiedene Arten von Weichtieren.

Foto einer Hummel

Hummel (Insekt)

Foto einer Garnele

Garnele (Schalentier)

Gliederfüßer: Die Gliederfüßer sind der artenreichste Stamm des Tierreichs (mehr als 1,2 Millionen Arten, darunter über 1 Million Insektenarten).

Abb. 7: Einige Vertreter der drei artenreichsten Tierstämme. Von oben nach unten: Wirbeltiere, Weichtiere, Gliederfüßer.

Wie wir weiter oben gesehen haben, sind die Arten, die zum selben Stamm gehören, miteinander enger verwandt als mit Arten aus anderen Stämmen. Das Gleiche gilt dann auch für die feineren Einteilungen jedes Stammes (Klassen, Ordnungen, Familien usw.), wobei die Verwandtschaftsbeziehungen immer enger werden. Am engsten sind die Mitglieder einer Art miteinander verwandt, da diese in der Lage sind, sich miteinander fortzupflanzen.

Beispielsweise gehören zum gemeinsamen Bauplan aller Arthropoden ein Chitin­panzer, in Segmente gegliederte Extremitäten und Häutungen – Merkmale, die sie von ihrem gemeinsamen Vorfahren geerbt haben. Aber einige Arthropoden besitzen darüber hinaus ein Paar Klauen mit Giftdrüsen (Spinnen), andere zwei Fühlerpaare (Krebstiere) und wieder andere ein Fühlerpaar und drei Beinpaare (Insekten). Entsprechend zeichnen sich alle Wirbeltiere durch das Vorhanden­sein einer Wirbelsäule aus, aber aufgrund einiger wichtiger Merkmale können sie in verschiedene Klassen eingeteilt werden: zum Beispiel sind Federn das charakteristische Merkmal der Vögel, während alle Säugetiere Haare (ein Fell) und Milchdrüsen besitzen.

Die Vielfalt der Tiere wie auch der Pflanzen ist untrennbar mit der Vielfalt der Lebensräume verbunden, da jede Art nicht nur an bestimmte physikalisch-chemische Bedingungen (Licht, Temperatur, Niederschläge usw.), sondern auch an eine Reihe anderer Arten von Lebewesen angepasst ist, mit denen sie in Verbindung steht (Nahrung, Unterschlupf usw.).

Foto: Eine Biene an einer Blume

Abb. 8: Biene beim Pollensammeln auf Blüten der Zaunwicke (man beachte den gelben Pollen an den Hinterbeinen). Bienen und Blütenpflanzen sind vollkommen voneinander abhängig: Die Bienen entnehmen den Pflanzen Nektar und Pollen, die zur Ernährung der Kolonie dienen, während die Bestäubung bei zwei Dritteln aller Pflanzen vom Pollentransport durch die Bienen abhängt.

Daraus folgt, dass jede Art mehr oder weniger stark von einem gegebenen Lebensraum abhängt, der mehr oder weniger groß sein kann. So kann es sich um einen räumlich und zeitlich stark begrenzten Lebensraum handeln: z. B. ein Tier, das einen Parasiten beherbergt, oder ein kleiner, zeitweise mit Wasser gefüllter Tümpel, der von Süßwasserkrebsen bewohnt wird, die die Trockenzeit als trockenresistente Eier überdauern. Aber es kann auch beinahe der gesamte Planet sein, wie es für den Menschen der Fall ist.

Vielfalt der Pflanzen

In früheren Klassifikationen gehörten zum Pflanzenreich alle Lebewesen, die keine Tiere sind, vor allem die Pflanzen (ca. 270 000 beschriebene Arten), die Algen (ca. 40 000 beschriebene Arten) und die Pilze (ca. 72 000 beschriebene Arten); die Bakterien wurden ebenfalls in die Nähe dieses Reichs gerückt. Inzwischen wurde bewiesen, dass die Pilze vom evolutionären Standpunkt aus enger mit den Tieren als mit den Pflanzen und den Algen verwandt sind, und daher ist es im Hinblick auf die Evolution der Lebewesen verwirrend, wenn man die Pilze den Pflanzen zuordnet. Es konnte auch gezeigt werden, dass der allgemeine Begriff Algen in Wirklichkeit Nachkommen unterschiedlicher Ahnen umfasst, während man früher unter diesem Begriff sehr unterschiedliche Orga­nismen wie Grünalgen, Rotalgen und Braunalgen zusammenfasste. Stammesge­schichtliche Untersuchungen haben ergeben, dass die Grünalgen insbesondere aufgrund biochemischer und genetischer Merkmale viel enger mit den Land­pflanzen verwandt sind als mit den anderen Algen.

Alle Pflanzen und die Grünalgen machen Photosynthese, besitzen Chlorophyll a und b, speichern die Photosyntheseprodukte in Form von Stärke im Innern der Chloroplasten und besitzen eine Zellwand aus Zellulose. Diese Merkmale erlau­ben es, sie von den Pilzen und Tieren zu unterscheiden, die andere gemein­same biochemische Merkmale (Glykogen, Chitin) und völlig andere ernährungs­physiologische Bedürfnisse haben, da sie im Gegensatz zu Pflanzen auf orga­nische Substanzen angewiesen sind, um sich zu ernähren. Mit Hilfe dieser Merkmale können sie auch von anderen chlorophyllhaltigen Gruppen von Organismen wie Braunalgen und Rotalgen unterschieden werden. Man fasst heute die Gesamtheit der Pflanzen und Grünalgen in das Unterreich der Grünen Pflanzen oder Chlorobionten zusammen.

In der stammesgeschichtlichen Klassifikation gibt es kein Taxon mehr, das die Gesamtheit der Algen zusammenfasst, aber das heißt nicht, dass man diesen Begriff in der Umgangssprache nicht mehr benutzen darf. Es ist festzuhalten, dass pflanzliche Organismen, die im Wasser leben, nicht unbedingt Algen sein müssen, denn es gibt auch Wasserpflanzen.

Grüne pflanzliche Organismen

Die grünen pflanzlichen Organismen oder Chlorobionten enthalten etwa fünfzig verschiedene Abteilungen, die in zwei große Untergruppen aufgeteilt werden, die jeweils einen gemeinsamen Vorfahren haben: die Chlorophyten und die Streptophyten.

Die Chlorophyten entsprechen in etwa der Gruppe, die früher als Grünalgen bezeichnet wurde, das heißt vor allem makroskopischen marinen Grünalgen und gewissen mikroskopischen Grünalgen. Davon gibt es mehrere Millionen Arten.

Zu den Streptophyten gehören die Pflanzen und einige Süßwasseralgen. Die Pflanzen (ca. 270 000 beschriebene Arten) werden als Embryophyten bezeich­net, da sie sich bei der geschlechtlichen Fortpflanzung aus einem Embryo ent­wickeln. Zu dieser Gruppe zählen Moose, Lebermoose, Farne und Samen­pflanzen.

Foto: Roter Fungerhut

Abb. 9: Moose, Farne und Blütenpflanzen. Die Pflanzen bilden zusammen mit einigen Süßwasseralgen die Streptophyten.

Moose

Die Moose, von denen ca. 10 000 Arten beschrieben wurden, sind chlorophyll­haltige Pflanzen, die unterschiedliche Unterlagen (Böden, Bäume, Mauern, Dächer, Felsen usw.) rasch durch vegetative Vermehrung überziehen und darauf dichte Polster bilden. Einige Arten leben im Wasser. Es sind Organismen von geringer Größe, da sie kein Leit- und Stützgewebe besitzen.

Moose haben die erstaunliche Fähigkeit, Phasen der Trockenheit in einem aus­getrockneten Zustand zu überdauern, der oft als latentes Leben bezeichnet wird. Sobald sie wieder feucht werden, kehren sie zu einem aktiven Leben zurück. Diese Fähigkeit macht sie zu Pionierpflanzen. Sie gehören tatsächlich zu den ersten Pflanzen, die einen neuen Lebensraum besiedeln, beispielsweise einen Boden, auf dem die gesamte Vegetation bei einem Feuer zerstört wurde, oder eine neu gebildete Vulkaninsel.

Die Moose breiten sich überwiegend durch vegetative Vermehrung auf der Unterlage aus, aber sie können sich auch über größere Entfernung durch Spo­ren verbreiten, die bei einer geschlechtlichen Fortpflanzung gebildet werden.

Foto: Moos

Abb. 10: Verschiedene Moosarten auf einem Felsen (man beachte die Kapseln, in denen sich die Sporen bilden.) Moose sind Pionierpflanzen, da sie keinen Boden zur Entwicklung brauchen.

Farne

Im Gegensatz zu Moosen sind Farne Gefäßpflanzen, das heißt sie besitzen Leitbündel. Sie haben einen Stängel, Blätter und Wurzeln. Da sie Leitbündel, die einen wirksamen Wassertransport aus dem Boden über die Wurzel in verschiedene Teile der Pflanze sicherstellen, und Stützgewebe besitzen, können sie ziemlich groß werden. Baumfarne, die heute noch in tropischen Gegenden vorkommen, waren in früheren Zeitaltern wesentlich weiter verbreitet, vor allem im Paläozoikum, als die ersten Blütenpflanzen aufkamen.

Die oberirdischen Teile des Vegetationskörpers sind Blätter, die so genannten Wedel, die in Büscheln zusammenstehen und mit Adern ausgestattet sind, die den Gefäßen entsprechen. Die Blätter entwickeln sich aus einem flachen, unterirdischen Stängel (Rhizom), der auch fadenförmige Wurzeln trägt. Das Rhizom dient zudem als Vorratsorgan, in dem Stärke aus der Photosynthese gespeichert wird, und als Verbreitungsorgan. Das Wachstum des Rhizoms an einem seiner Enden und die Bildung neuer Wedel erlauben den Farnen eine schnelle Ausbreitung auf dem Boden. Die Zerstückelung des Rhizoms ist über­dies eine Form der vegetativen Vermehrung (oder ungeschlechtlichen Fort­pflanzung), denn aus jedem Fragment kann ein neues Individuum entstehen. Farne produzieren Sporen, mit denen sie sich über weite Entfernungen ver­breiten können. Sie sind Ausgangspunkt ihrer geschlechtlichen Fortpflanzung.

Foto: Blattwedel eines Tüpfelfarns

Abb. 11: Blattwedel von Farnen (Tüpfelfarn). An der Unterseite der Farnwedel sind die Organe sichtbar, die die Sporen produzieren.

Samenpflanzen

Die Spermatophyten (griech. Sperma = Samen, phyton = Pflanze) oder Samenpflanzen umfassen die Gesamtheit aller Bäume, Sträucher, Lianen, Wasserpflanzen und krautigen Blütenpflanzen. Wie ihr Name andeutet, zeichnen sie sich durch die Bildung von Samen aus. Letztere sind das Ergebnis der geschlechtlichen Fortpflanzung und erlauben ihre Verbreitung, im Gegen­satz zu Moosen und Farnen, die sich durch Sporen verbreiten. Der Samen existiert in keiner anderen Pflanzengruppe und seine "Erfindung" im Laufe der Evolution stellte eine wichtige Innovation dar. Sie erklärt den evolutionären Erfolg dieser Pflanzen, die die Landflora seit der Kreidezeit (vor ca. 65 Millionen Jahren) beherrschen. Man teilt sie in zwei große Gruppen ein: Die Nacktsamer oder Gymnospermen und die Bedecktsamer oder Angiospermen.

Gymnospermen sind holzige Stauden, Bäume, Sträucher und Lianen, die sich durch ihre nackten Samen auszeichnen (griech. gymnos = nackt, sperma = Samen). Nackt bedeutet, dass sie nicht in eine Frucht eingeschlossen sind. Es wurden etwa 700 Arten beschrieben. Die häufigsten Vertreter der Nacktsamer sind die Nadelbäume (Kiefern, Tannen, Fichten, Zedern, Lärchen usw.) mit ca. 550 beschriebenen Arten, aber auch der Ginkgo und der Palmfarn (Cycas), die oft als "lebende Fossilien" bezeichnet werden, gehören zu dieser Gruppe.

Foto: Tannen

Abb. 12: Tannen – Nadelbäume sind Nacktsamer.

Die Blätter der Nadelbäume haben die Form von Nadeln oder Schuppen. Mit Ausnahme der Lärche handelt es sich um immergrüne Bäume, die nicht alle Nadeln zur selben Zeit abwerfen.

Foto: Blaufichte und Lebensbaum (Thuja)

Abb. 13: Die Blätter der Nadelbäume haben die Form von Nadeln oder Schuppen (links: Blaufichte, rechts: Lebensbaum (Thuja)).

Sie zeichnen sich durch ihre Fortpflanzungsorgane aus, einfache "Blüten" in Form von Zapfen.

Die Angiospermen sind die echten Blütenpflanzen. Sie besitzen eine geschlos­sene Samenanlage (griech. angeion = Gefäß, Behälter, sperma = Samen), die sich in einem Hohlraum der Blüte, dem so genannten Karpell (oder Fruchtblatt), befindet und ihre Samen sind in eine Frucht eingeschlossen.

Foto: Blüte des Immergrüns

Abb. 14: Blüte des Immergrüns. Am Blütengrund sind die Fruchtblätter zu erkennen, die zusammen den Frucht­knoten bilden und die Samenanlagen enthalten. Die Bedecktsamer zeichnen sich durch ihre eingeschlossenen Samenanlagen aus.

Sie sind mit etwa 260 000 beschriebenen Spezies die artenreichste Pflanzen­gruppe. Zu den Angiospermen zählen Holzpflanzen wie Bäume, Sträucher, Lianen und krautige Pflanzen, die nur von geringer Größe sind, da sie kein Holz enthalten. Holz ist ein starres Gewebe, das vor allem aus festen Fasern und Gefäßen besteht. Es gibt der Pflanze Halt und erlaubt ihr, große Höhen zu erreichen. So können die amerikanischen Mammutbäume (Sequoia), die zu den Nadelbäumen gehören, bis zu 150 m hoch werden. Die meisten Bedecktsamer sind Landpflanzen, aber es gibt auch Süßwasserpflanzen (Wasserpest, Pfeil­kraut) und marine Pflanzen (Neptungras).

Unter den Bedecktsamern gibt es einjährige, zweijährige und mehrjährige Pflanzen, das heißt, dass sich ihr Fortpflanzungszyklus über ein, zwei oder mehrere Jahre erstreckt.

Die Bedecktsamer werden in einkeimblättrige Pflanzen (Monokotyledonen) und zweikeimblättrige Pflanzen (Dikotyledonen) eingeteilt. Keimblätter (Kotyle­donen) sind Blätter, die bereits im Embryo im Innern des Samens angelegt sind.

Foto: Blätter einer Zweikeimblättrigen und einer Einkeimblättrigen

Abb. 15: Blätter einer Zweikeimblättrigen (links) und einer Einkeimblättrigen (rechts). Dikotyledonen und Monokotyledonen unterscheiden sich nicht nur in der Zahl ihrer Keimblätter im Samen (zwei bzw. eins), sondern auch in der Anordnung der Blatt­adern (verzweigt bzw. parallel).

Einkeimblättrige Pflanzen verholzen nicht und ihre Blattadern verlaufen parallel. Die meisten von ihnen sind krautige Pflanzen, wie die Gräser, zu denen die Speisegetreide (Weizen, Mais, Reis, Gerste), die Liliengewächse (Lilie, Tulpe, Iris, Knoblauch) und die Orchideen gehören. Aber einige haben auch einen baumähnlichen Wuchs, wie beispielsweise Palmen oder Bambus, obwohl sie nicht verholzen.

Foto: Bambus

Abb. 16: Bambus – Trotz ihres baumartigen Wuchses gehören die Bambusse zu den Gräsern.

Die zweikeimblättrigen Pflanzen sind die individuenstärkste Gruppe der Blütenpflanzen und weisen die größte Vielfalt auf. Ihre Blätter haben im Gegensatz zu den einkeimblättrigen Pflanzen in der Regel verzweigte Adern. Wie bei den Nacktsamern kann es zur Holzbildung kommen, sodass die Dikotyledonen sowohl krautige Pflanzen als auch Holzpflanzen – Sträucher, Bäume oder Lianen – umfassen.

Evolution der Pflanzen

(siehe Geologische Zeitskala)

Die ersten Landpflanzen haben sich aus den Grünalgen entwickelt und sind im mittleren Silur, vor ca. 420 Millionen Jahren, auf der Erde aufgetaucht. Die ersten Vertreter waren wahrscheinlich Fadenalgen, die bei Ebbe bereits vorübergehend ohne Wasser überleben konnten. Während ihrer Evolution haben sich im Vegetationskörper differenzierte Gewebe herausgebildet, die Organe wie Stängel, Wurzeln und Blätter aufbauen. Algen haben keine differenzierten Gewebe, ihr Vegetationskörper besteht aus ähnlichen Zellen, die einen Faden oder ein abgeflachtes Lager, den so genannten Thallus, bilden.

Im Devon, vor ca. 400 Millionen Jahren, haben sich offensichtlich zwei Linien von chlorophyllhaltigen Landpflanzen getrennt: die Moose und die Gefäß­pflanzen, die Leitbündel für den Transport des Pflanzensafts besitzen. Letztere waren zunächst durch die Farne vertreten, die ihren Höhepunkt im Karbon vor ca. 300 Millionen Jahren erreichten. Dieses Zeitalter verdankt seinen Namen der Tatsache, dass die Baumfarne damals riesige Wälder bildeten, deren Fossilisation zur Bildung ausgedehnter Kohlevorkommen führte, die teilweise noch heute abgebaut werden. Vom Perm an (vor ca. 200 Millionen Jahren) starben die meisten Farne allmählich aus.

Die Spermatophyten oder Samenpflanzen haben sich wahrscheinlich bereits im Devon (vor 400 Millionen Jahren) von den Farnen abgespalten, aber sie haben erst viel später, vor ca. 100 Millionen Jahren, begonnen, die Landflora zu domi­nieren. Durch die geschlechtliche Fortpflanzung, die vom Wasser unabhängig ist, sind sie besser an das Landleben angepasst. So sind sie heute mit ca. 260 000 beschriebenen Arten die häufigsten Pflanzen und besiedeln sämt­liche Lebensräume mit Ausnahme der extremsten.

Vielfalt der Mikroorganismen

Die mikroskopischen Lebewesen, auch Mikroben oder Mikroorganismen ge­nannt, stellen keine eigene Kategorie in der Klassifikation der Lebewesen dar. Denn ihre einzige Gemeinsamkeit ist ihre mikroskopische Größe, die sie für das bloße Auge unsichtbar macht. Es gibt Vertreter in allen drei Hauptästen des Stammbaums der Lebewesen. Zur Erinnerung: Diese drei Hauptäste sind die Bakterien, die Archaeen (Urbakterien) und die Eukaryoten (Organismen, die aus Zellen mit einem echten Zellkern bestehen). Die Bakterien, die seit dem 19. Jahrhundert bekannt sind, insbesondere weil einige von ihnen verschiedene Infektionskrankheiten verursachen, während die Archaeen in den 1970er Jah­ren in extremen Lebensräumen (heiße Quellen, extrem salzige Milieus) entdeckt wurden.

Foto: Bakterien

Abb. 17: Bakterien in einem Joghurt-Ausstrich (Lichtmikroskop x 600; Färbung mit Methylenblau)

Bakterien und Archaeen sind etwa einen Mikrometer (µm) lang und daher mit bloßem Auge nicht zu erkennen, da das Auflösungsvermögen des Auges bei etwa 0,1 mm liegt.

Auch in den meisten Evolutionslinien der Eukaryoten gibt es Mikroorganismen, beispielsweise bei den Pilzen, in den verschienen Algenlinien, den grünen Pflanzen und den Tieren.

Foto: Hefezellen

Abb. 18: Hefezellen (Lichtmikroskop, 600-fache Vergößerung). Die Hefen sind einzellige mikroskopische Pilze (Durchmesser ca. 5 µm).

Die Protisten umfassen mehrere tausend Arten einzelliger eukaryotischer Organismen, deren Verwandtschaftsbeziehungen nicht immer ganz klar sind. Früher wurden sie in Protozoen (einzellige Tiere) und Protophyten (einzellige Pflanzen) eingeteilt. Diese Unterscheidung entspricht jedoch nicht mehr der stammesgeschichtlichen (phylogenetischen) Klassifikation.

Foto: Pantoffeltierchen

Abb. 19: Pantoffeltierchen (Lichtmikroskop, 400-fache Vergrößerung). Die Pantoffeltierchen gehören zu den größten Protisten im Süßwasser (sie sind ca. 0,1 mm lang). Sie gehören zu den Eukaryoten.

Viren sind obligatorische Parasiten, die im Wesentlichen aus einer Nukleinsäure, die ihre genetischen Informationen trägt, und einigen Eiweißmolekülen beste­hen. Sie können sich nur in einer lebenden Zelle vermehren und werden nicht als Lebewesen betrachtet, da sie keine zelluläre Struktur und keinen Stoff­wechsel haben. Sie werden als Akaryoten bezeichnet.

Geologische Zeitskala

Tabelle: Geologische Zeitskala

Letzte Aktualisierung: 23.7.2020

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