Wie funktioniert eine Linse?
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Publikation: | 28.7.2008 |
Herkunft: | Sonnentaler, Berlin |
In diesem Abschnitt soll gezeigt werden, wie und warum eine Linse – speziell eine Sammellinse – funktioniert. Bei der Linse spielt der als Brechung bezeichnete Effekt eine entscheidende Rolle. Siehe dazu den Abschnitt Absorption, Reflexion und Brechung.
Funktionsweise einer Sammellinse
Auf der Übersichtsseite zu Linsen wurden bereits die beiden gebräuchlichsten Linsenformen vorgestellt. Eine Sammellinse ist ein (Glas-) Körper, bei dem mindestens eine Oberfläche durch eine "ausgebauchte" Kugelschale gebildet wird. Dadurch ist die Linse in der Mitte dicker als an den Rändern. Wenn man verstehen möchte, wie eine solche Linse funktioniert, ist es hilfreich, sie sich in kleinere, annähernd trapezförmige Stückchen zerlegt zu denken. Anschließend betrachtet man, wie ein von links parallel zur optischen Achse der Linse einfallender Lichtstrahl eines dieser Teilstücke passiert:
Abb. 1: Zur Funktionsweise einer Sammellinse
Wenn der Lichtstrahl auf das Linsenteilstück trifft, wird er zur Senkrechten auf dessen Oberfläche hin abgelenkt, da die "optische Dichte" (der Brechungsindex) der Linse größer ist als derjenige der sie umgebenden Luft – der Winkel α' ist kleiner als der Winkel α. Im Inneren der Linse verläuft der Lichtstrahl natürlich wieder geradlinig, bis er die gegenüberliegende Seite der Linse erreicht. Dort wird der Strahl ein zweites Mal gebrochen, diesmal ist aber der Winkel zur Senkrechten auf der Rückseite der Linse größer: β' ist größer als β. Der Gesamteffekt ist eine deutliche Ablenkung der Ausbreitungsrichtung des einfallenden Lichtstrahls. Verlief er vorher parallel zur optischen Achse der Linse, so ist er nun zur optischen Achse hin gerichtet.
In Abb. 1 ist nur dargestellt, wie der Lichtstrahl in einem der Teilstücke der Linse abgelenkt wird. Um ein vollständiges Bild zu erhalten, muss man alle Teilstücke der Linse betrachten. Man stellt dabei fest, dass die Strahlen umso stärker abgelenkt werden, je weiter "außen" (also von der optische Achse entfernt) sie auf die Linse treffen. Insgesamt ergibt sich folgendes Bild:
Abb. 2: Verlauf achsenparalleler Lichtstrahlen durch die Segmente einer Sammellinse
Wie man sieht (und auch mittels einer etwas länglichen Berechnung zeigen kann), treffen sich die parallel zur optischen Achse der Sammellinse einfallenden Strahlen in einem Punkt, dem sogenannten Brennpunkt oder Fokus der Linse. Wie weit dieser von der Linse entfernt ist, hängt zum einen von der Stärke der Krümmung der beiden Oberflächen der Linse ab, und zum anderen von der optischen Dichte der Linse, also dem Material, aus dem sie hergestellt wurde. Je stärker die Oberflächen gekrümmt sind und je größer der Brechungsindex des Linsenmaterials ist, desto näher liegt der Brennpunkt an der Linse und desto größer ist die "Brechkraft" der Linse.
Nachdem wir gesehen haben, wie die Lichtstrahlen durch die Linse abgelenkt werden und sich alle im Brennpunkt treffen, können wir nun die relativ komplizierte Zeichnung des Verlaufs der Lichtstrahlen durch eine einfachere Zeichnung ersetzen:
Abb. 3: Vereinfachte Darstellung des Verlaufs achsenparalleler Lichtstrahlen durch eine Sammellinse
Man zeichnet die Lichtstrahlen einfach bis zur Mitte der Linse und behandelt sie dann so, als würden sie an dieser Stelle zum Brennpunkt hin abgelenkt. Zusätzlich ist hier noch ein weiterer Strahl eingezeichnet, der nicht parallel zur optischen Achse einfällt, aber genau durch das Zentrum der Linse führt. Dieser Strahl durchquert die Linse, ohne eine Ablenkung zu erfahren.
Der Abstand des Brennpunkts von der Mitte der Linse wird als Brennweite der Linse bezeichnet.
Funktionsweise einer Zerstreuungslinse
Um die Funktionsweise einer Zerstreuungslinse zu verstehen geht man ähnlich vor wie bei der Sammellinse. Man zerlegt die Linse wieder in Teilstücke und bestimmt für jedes Teilstück den Weg eines (parallel zur optischen Achse) einfallenden Lichtstrahls. Im Unterschied zur Sammellinse werden hier die Strahlen nicht zur optischen Achse hin abgelenkt, sondern von ihr weg. Als Endergebnis erhält man folgendes Bild:
Abb. 4: Vereinfachte Darstellung des Verlaufs achsenparalleler Lichtstrahlen durch eine Zerstreuungslinse
Die Lichtstrahlen, die die Zerstreuungslinse verlassen, werden so abgelenkt, als kämen sie alle von einem Punkt auf der anderen Seite der Linse. Obwohl es sich natürlich nicht um einen Punkt handelt, an dem tatsächlich Lichtstrahlen zusammentreffen, wird er trotzdem als Brennpunkt bezeichnet. Und weil es sich nicht um einen realen Brennpunkt handelt und er auf der "falschen" Seite der Linse liegt, wird bei Zerstreuungslinsen ein negativer Wert als Brennweite angegeben.
Brennweite und Dioptrien
Jeder Brillenträger hat schon einmal von Dioptrien gehört. Wenn der Augenarzt oder Optiker zur Anpassung der Brille die Augen vermessen hat, erfährt man, wie viele Dioptrien die Gläser der benötigten Brille haben sollten.
Dieser Dioptrienwert steht in einem direkten Verhältnis zur Brennweite der Brillenlinse. Er ist nämlich nichts anderes als der Kehrwert der Brennweite der Linse, wenn man diese in Metern angibt: 2 Dioptrien heißt, dass die Linse eine Brennweite von 0,5 m hat.
Eine stark kurzsichtige Person bekommt z. B. Brillengläser mit −5 Dioptrien. Die Gläser haben dementsprechend eine Brennweite von −0.2 m. Das negative Vorzeichen drückt aus, dass es sich um eine Zerstreuungslinse handelt, die keinen "echten" Brennpunkt hat.
Chromatische Aberration
Im Abschnitt über Absorption, Reflexion und Brechung haben wir gesehen, dass der Brechungswinkel von der Farbe des Lichts abhängen kann. Dies betrifft auch Linsen und führt dazu, dass die Brennweite für unterschiedliche Farben leicht verschieden sein kann. Dies ist einer der verschiedenen "Linsenfehler", er wird als "chromatische Aberration" bezeichnet.
Es gibt viele verschiedene Glassorten. Bei manchen von ihnen ändert sich der Brechungsindex stark mit der Farbe, bei anderen fast gar nicht. Letztere sind daher geeigneter für die Herstellung guter Linsen.
Letzte Aktualisierung: 29.11.2023