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Beobachten in den Naturwissenschaften

Frage von:
Datum: 6.6.2004

Guten Tag,

was verstehen Sie unter Beobachten im naturwissenschaftlichen Unterricht? Ist das Beobachten Ihrer Meinung nach für Grundschüler einfach?

Vielen Dank!


Antwort von:
Datum: 6.6.2004

Liebe Martine,

das Beobachten ist mit Sicherheit eng mit der allgemeineren Vorstellung verknüpft, die man sich von den Naturwissenschaften und ihrem Unterricht macht. Man liest oder hört, dass das Beobachten sehr wichtig und der Ausgangspunkt des forschenden/entdeckenden Lernens sei. Es ist der erste Schritt in der "traditionellen" Herangehensweise "Beobachtung – Annahme – Experimentieren – Ergebnisse – Interpretation – Schlussfolgerung".

Die Schulbücher der 50er Jahre beginnen oft mit einer Rubrik "Beobachte und antworte!". Dort wird den Schüler/inne/n eine ganze Reihe von Fragen gestellt. In mehreren Werken, u.a. in "Wege der Wissenschaft: Einführung in die Wissenschaftstheorie" (Originaltitel: What is this thing called science?) von Alan Chalmers, wird sehr schön beschrieben, dass verschiedene Personen, die ein und dieselbe Situation beobachten, nicht alle das Gleiche beobachten!

Man könnte sagen, dass man mit dem "geistigen" Auge beobachtet, abhängig vom bereits vorhandenen Vorwissen, das einem jeden von uns eigen ist. Deshalb bin ich versucht, Ihnen zu sagen, dass das Beobachten angeleitet, durch eine Frage gelenkt werden sollte. Wenn Sie Ihre Schüler/innen zum Beispiel bitten, mehrere Tiere zu beobachten (mit dem – Ihnen bekannten – Ziel einer Klassifikation), werden sich die Schüler/innen nicht von Anfang an auf das konzentrieren, was Sie im Sinn haben.

Wenn die Aufgabe lautet "Sucht nach den gemeinsamen Merkmalen dieser Tiere!", lenken Sie ihre Beobachtungen in eine bestimmte Richtung, die sicherlich produktiver ist. Sobald die Beobachtungen in eine bestimmte Bahn gelenkt sind (sie sich also auf ein Problem, auf eine Ausgangsfrage beziehen), und Ihre Schüler/innen ihre Aufmerksamkeit auf das Relevante konzentriert haben, können sie differenziertere Kompetenzen entwickeln.

Die zeichnerische Repräsentation dessen, was beobachtet wurde (Beobachtungsskizze), wird besser, wenn die Kenntnisse des zu zeichnenden Gegenstandes detaillierter werden. Man könnte also sagen, dass das, was der/die Schüler/in zeichnet (nach mehreren Unterrichtsstunden), sehr viel darüber verrät, was er/sie letztendlich verstanden hat.

So taucht bei der Zeichnung einer Biene nach einer Weile die richtige Anzahl von Beinen auf, nachdem die Schüler/innen zunächst 8, 10, 2 oder 12 Beine gezeichnet haben! Das Zeichnen ist eng verknüpft mit der Sprache, man muss die Elemente der Zeichnung benennen. Es ist wichtig, dass der/die Schüler/in benennen kann, was er/sie gerade beobachtet.

Dass Bienen auch "Beine" haben (und nicht Pfoten zum Beispiel), ist Vorschüler/inne/n nicht unbedingt geläufig, und man wird diesen Begriff konstruieren müssen. Nachdem er/sie zahlreiche Beine beobachtet hat (von Insekten, aber auch von bekannteren Tieren wie Katze, Hund, Kaninchen, Huhn,...), wird der/die Schüler/in in der Lage sein, die Beine der verschiedenen Tiere ausfindig zu machen. Letztendlich ist es nicht ein Wort, das gerade konstruiert wurde, sondern ein "Begriff" (dessen Bedeutung sich erweitern wird mit neuen "Experimenten", die der/die Schüler/in im Laufe seines/ihres Lebens machen wird).

Ist es einfach, Beobachtungsfähigkeiten zu entwickeln? Ich würde sagen, dass es insofern einfach ist, als dass Schüler/innen neugierig sind (oder durch die Lehrenden neugierig gemacht werden) und sie durch das Beobachten die Antwort auf eine Ausgangsfrage finden können. Die Aufgabe der/des Lehrenden besteht nicht darin, dem/der Schüler/in zu sagen, was er/sie beobachten soll (sonst macht sie/er die Arbeit anstelle des Schülers/der Schülerin), sondern eher den/die Schüler/in bei dieser Aufgabe zu unterstützen, zu lenken, zu begleiten. Diese Vermittlerrolle zwischen dem zu beobachtenden Gegenstand und dem/der Schüler/in übernimmt die/der Lehrende mit Hilfe der Sprache (durch eine immer genauere Aufgabenstellung usw.).

Bevor ich schließe: Ich habe mich mit meinen Zweitklässler/inne/n mit dem Experiment befasst, das darin besteht, die in einem Becher enthaltene Luft in eine Flasche mit Wasser "umzufüllen". Die Schüler/innen waren auch nach mehreren Unterrichtsstunden nicht in der Lage, den Wasserpegel und die Luftblasen richtig zu zeichnen. Ich habe daraus kein Drama gemacht! Das zeigt mir nur, dass sie dieses Umfüllen von Luft noch nicht verstehen können, und es würde mir nichts nützen, ihnen die "richtige" Zeichnung aufzuzwingen.

Als Schlussfolgerung könnte man also sagen, dass man das, was man nicht "begreifen" kann, auch nicht "sehen" kann.

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