Hilfestellungen zur Projektphase 1
Publikation: | 25.10.2007 |
Lernstufe: | 3 |
Herkunft: | La main à la pâte, Paris. Originalversion: www.fondation-lamap.org/eratos |
Fiat lux!
In allen Projektphasen und vor allem in der ersten wird eine Reihe von Begriffen im Zusammenhang mit den verschiedenen Lichtphänomenen (Ausbreitung, Reflexion, Streuung und Brechung von Lichtstrahlen, Schattenbildung und Parallelität der Lichtstrahlen) behandelt. Wir werden hier nicht darauf eingehen, was Licht eigentlich ist, raten Ihnen aber, sich die nachstehenden Punkte klar zu machen.
Wahrnehmung des Lichts
Entgegen der Meinung vieler Kinder sehen wir Gegenstände, weil Lichtstrahlen von deren Oberfläche ausgehen und in unser Auge gelangen, und nicht umgekehrt. Kinder können sich schwer vorstellen, dass außer einer Lampe oder der Sonne etwas von sich aus Licht "ausstrahlen" kann.
Um dies zu verstehen, muss man zwei Arten von Lichtquellen unterscheiden: die Quellen, die selbst Licht erzeugen (Kerze, Glühfaden einer Birne, die Sonne) und die Quellen, die das einfallende Licht zurückstrahen (alle Gegenstände und Lebewesen um uns herum, die für uns sichtbar sind). So können wir etwas, das selbst kein Licht erzeugt, nur dann sehen, wenn es beleuchtet wird und die zurückgeworfenen Strahlen uns erreichen.
Ausbreitung des Lichts
Um zu verstehen, wie sich Licht ausbreitet, muss man das Medium, das es durchquert (Vakuum, Luft, Flüssigkeit oder Glas) genau kennen. Der einfachste Fall ist der eines homogenen Mediums, das in jedem Punkt die gleichen Eigenschaften (Temperatur, Druck, Zusammensetzung) besitzt. In einem solchen Medium breitet sich das Licht geradlinig aus, solange es nicht auf ein Hindernis trifft; es folgt dem Weg mit der kürzesten Laufzeit.
Ist das Medium nicht homogen (wenn z. B. große Temperaturunterschiede in ihm herrschen), ist der kürzeste Weg (im Sinne der Laufzeit) nicht mehr eine gerade Linie, sondern mehr oder weniger gekrümmt. Hierauf beruhen z. B. Luftspiegelungen (die berühmte Fata Morgana). Ebenso wird ein Lichtstrahl, der von einem Medium in ein anderes übergeht (z. B. an der Grenzfläche zwischen Luft und Wasser), abgelenkt. Dies lässt sich leicht nachweisen, indem man einen Stab in eine durchsichtige, mit Wasser gefüllte Glasschüssel taucht. Der Stab sieht dann geknickt aus, weil die Strahlen vom eingetauchten Teil des Stabes beim Übergang in das Medium "Luft" abgelenkt werden. Unserem Auge erscheint es so, als kämen die Lichtstrahlen von einer anderen Stelle als derjenigen, an der sich der Stab in Wirklichkeit im Wasser befindet.
Wir unterscheiden im Folgenden durchsichtige Medien (Luft, Glas), die zumindest einen Teil des Lichts durchlassen, und lichtundurchlässige Medien (Holz oder Metall), die kein Licht durchlassen.
Wenn Licht auf ein Hindernis trifft: die Schattenbildung
Reflexion und Streuung des Lichts
Trifft ein Lichtstrahl auf einen lichtundurchlässigen Gegenstand, wird er von seiner Oberfläche zum Teil reflektiert. Nehmen wir zum Beispiel einen Spiegel, der in einem sehr großen, völlig dunklen Raum aufgestellt ist und von einer einfachen Taschenlampe beleuchtet wird. Der auf den Spiegel treffende Lichtstrahl scheint in eine einzige Richtung reflektiert zu werden, die von der Neigung des Spiegels zum Lichtstrahl abhängt (um sich davon zu überzeugen, braucht man nur den Spiegel etwas hin und her zu bewegen). Hier wird auf einfache Weise eines der kartesischen Gesetze deutlich. [Anmerkung: Kartesische Gesetze sind die von Descartes aufgestellten Gesetze, so benannt nach der latinisierten Form des Namens Descartes.]
Trifft ein Lichtstrahl auf einen Punkt eines (mehr oder weniger) lichtundurchlässigen Gegenstandes, wird dieser Punkt selbst zu einer Lichtquelle, indem er Lichtstrahlen in alle Richtungen reflektiert. Dadurch kann man den Gegenstand von allen möglichen Stellen im Raum aus sehen, solange man – von der Lichtquelle aus gesehen – nicht hinter dem Gegenstand steht. Dieses Phänomen nennt man Streuung.
Was passiert aber nun "hinter" unserem lichtundurchlässigen Gegenstand?
Schattenbildung
Licht breitet sich geradlinig aus. Eine der Folgen dieser geradlinigen Ausbreitung ist die Schattenbildung. Machen wir folgendes Experiment: Wir beleuchten einen Tennisball mit einer als punktförmig angenommenen Lichtquelle. Da es eine vollkommen punktförmige Lichtquelle in Wirklichkeit nicht gibt, verwenden wir eine einfache Taschenlampenbirne. Da der Glühfaden der Birne sehr fein und klein ist, kann man diese Quelle als nahezu punktförmig ansehen.
Abb. 8: Schattenbildung bei Benutzung einer punktförmigen Lichtquelle
Wenn man sich hinter den Ball in den Bereich stellt, wohin das von der Glühlampe ausgehende Licht nicht kommt, sieht man die Glühlampe nicht. Der gesamte Bereich hinter dem Ball wird Schattenbereich genannt. Der Ball hindert das von der Glühlampe ausgehende Licht daran, dorthin zu gelangen. Auf dem Schirm sieht man einen (in diesem Fall kreisrunden) dunklen Fleck, den man Schlagschatten nennt. Der Bereich zwischen dem Ball und dem Schirm, in den die Lichtstrahlen der Glühlampe nicht hingelangen, hat wegen der runden Form des Balls die Form eines Kegels: Es ist ein Schattenkegel. Wenn man anstelle des Balls einen anders geformten Gegenstand genommen hätte, hätte der Schattenbereich auch eine andere Form gehabt.
Wenn die Lichtquelle ausgedehnt ist, was fast immer der Fall ist (Sonne, Straßenlaterne), hat der dunkle Fleck auf dem Schirm keinen klar abgegrenzten Rand mehr. Man findet vielmehr einen fließenden Übergang von Hell nach Dunkel. Dieser Übergangsbereich wird als Halbschatten bezeichnet. Wenn man sich in den Bereich des Halbschattens stellt und in Richtung der Lichtquelle blickt, sieht man immer einen Teil der ausgedehnten Lichtquelle (machen Sie den Versuch!). Erst vom Bereich des eigentlichen Schattens aus ist die Lichtquelle vollständig verdeckt.
Abb. 9: Schattenbildung bei Benutzung einer ausgedehnten Lichtquelle
Um die Bereiche des Schattens und des Halbschattens grafisch zu ermitteln, braucht man nur Geraden zwischen den äußersten Punkten der Lampe und den Randpunkten des den Schatten erzeugenden Objekts zu ziehen (siehe Abb. 9). Der Bereich des Schattens, der von keiner der Geraden erreicht werden kann – weil der den schattenbildende Gegenstand dazwischen liegt – ist der sogenannte Kernschatten. Der Bereich, der von einem Teil der Geraden (aber eben nicht allen) erreicht werden kann, ist der Halbschatten. Dieser bildet rund um den eigentlichen Schattenbereich einen Rand.
Stellen Sie sich nun einmal vor, die Lampe wäre die Sonne und der Tennisball der Mond. Wenn man jetzt den Schirm wegnimmt und stattdessen eine weitere (größere) Kugel, z. B. einen Fußball, an seine Stelle setzt, hat man genau die Situation modelliert, wie sie bei einer Sonnenfinsternis auftritt: Der Mond erzeugt einen Schatten auf einem Teil der Erde. Es gibt dann einen Bereich auf der Erde, in dem die Sonne völlig verdeckt ist (dort ist es völlig dunkel); dieser ist umgeben von einem Bereich, in dem die Sonne nur teilweise vom Mond verdeckt ist.
Wenn Sie nun die Rollen von Erde und Mond vertauschen (so dass die Erde einen Schatten auf den Mond wirft), haben Sie ein Modell für eine Mondfinsternis. Allerdings ist die Erde wesentlich größer als der Mond, so dass der Mond ganz und gar im Kernschatten der Erde liegen kann, wie es bei einer totalen Mondfinsternis der Fall ist.
Messungen von Größe und Richtung eines Schattens können auch genutzt werden, um die Position einer Lichtquelle zu bestimmen. So gibt die Variation des Schattens eines senkrecht in die Erde gesteckten Stabes den Lauf der Sonne während des Tages wieder. Nach diesem Prinzip werden Sonnenuhren gebaut.
Schwierigkeiten, die man vermeiden sollte!
Die Behauptung "der Schatten ist der Bereich, in den kein Licht fällt", ist im Allgemeinen unzutreffend weil ungenau. Meistens gibt es eine Fläche (eine Mauer, der Boden, andere Gegenstände in der Nähe), die einen Teil des Lichts zu dem beobachteten Gegenstand reflektiert (streut). Daher hat dieser mehrere Schatten, auch wenn diese Schatten nicht immer leicht zu beobachten sind. Befände man sich dagegen in einem unendlich großen, dunklen Raum ohne Wände (wodurch eine vollkommene Dunkelheit gewährleistet wäre) und würde darin mit einer Lampe einen Stab beleuchten, so gelänge in dessen Schatten wirklich kein Licht.
Im Alltag ist deshalb der von einer Primärlichtquelle hervorgerufene Schattenbereich nicht unbedingt ein Bereich, in den überhaupt kein Licht gelangt. Präziser ist es, wenn man sagt, dass der Schattenbereich derjenige Bereich ist, von dem aus man die Lichtquelle nicht sehen kann, weil sie von dem davor befindlichen Gegenstand völlig verdeckt wird. Entsprechend ist der Halbschatten der Bereich, von dem aus man nur einen Teil der von einem Gegenstand verdeckten ausgedehnten Lichtquelle sehen kann.
Parallelität und Divergenz
Ein wesentlicher Punkt beim Experiment des Eratosthenes ist die Parallelität der Sonnenstrahlen. Wie lässt sich diese Parallelität der Sonnenstrahlen auf einfache Weise erklären?
Man betrachtet die von einer ausgedehnten Lichtquelle ausgehenden Lichtstrahlen als parallel, wenn sich die Lichtquelle in unendlicher Entfernung vom Beobachter befindet. In der Praxis kann man, ohne philosophische Überlegungen über den Begriff "unendlich" anzustellen, davon ausgehen, dass es eine Entfernung gibt (die von der Größe der Lichtquelle abhängt), ab der die uns erreichenden Lichtstrahlen näherungsweise parallel zueinander sind.
Schauen wir uns einmal den Fall der Sonne an.
Nehmen wir zwei vom gleichen Punkt der Sonnenoberfläche ausgehende Strahlen, die oben und unten auf eine zwei Meter hohe Mauer treffen. Der Winkel zwischen den beiden Strahlen lässt sich leicht abschätzen, indem man folgendes Verhältnis berechnet: die Höhe der Mauer (2 m) geteilt durch die Entfernung des Punktes der Sonnenoberfläche von der Erde (150 Millionen km = 150 Milliarden m!); man erhält (wie zu erwarten ist) einen äußerst kleinen Winkel (in einer Einheit, die man Radiant nennt, abgekürzt rad), den man mit bloßem Auge nicht erkennen kann. Die beiden Strahlen sind also in guter Näherung als zueinander parallel zu betrachten.
Sind die Sonnenstrahlen auch dann noch als parallel anzusehen, wenn man eine Stadt, ein Bundesland, ein Land oder auch die ganze Erde betrachtet? Ersetzen wir dazu in der obigen Rechnung die Mauerhöhe durch die entsprechende Entfernung, also die zwischen zwei Städten oder die zwischen Nordpol und Südpol. In allen Fällen erhält man äußerst kleine Winkel. Man kann daher sagen, dass die vom gleichen Punkt der Sonnenoberfläche ausgehenden, auf die Erde treffenden Strahlen praktisch parallel sind.
Aber die Sonne lässt sich nicht als Punkt betrachten: Sie ist eine ausgedehnte, ja sehr ausgedehnte Lichtquelle. Ihr Durchmesser beträgt nicht weniger als 1,4 Millionen km (und damit mehr als das Hundertfache des Erdduchmessers)! Das von der Sonne zu uns gelangende Licht bildet also einen Kegel, dessen Basis die Sonnenoberfläche und dessen Spitze unser Auge ist. Alle in diesem Kegel enthaltenen Strahlen sind einander nicht absolut parallel, sondern bilden zueinander kleine Winkel. Den größten Winkel bilden die von den entgegengesetzten Rändern der Sonnenscheibe ausgehenden Strahlen. Man kann diesen Winkel wieder wie oben bestimmen, indem man das Verhältnis von Durchmesser der Sonne und Abstand Sonne-Erde berechnet, was ca. 1/100 rad (oder 0,5°) ergibt.
Dieser Winkel ist fast vernachlässigbar, so dass man in erster Näherung sagen kann, dass alle diese Strahlen parallel sind. Aber, wie gesagt, dies ist nur eine Näherung. Man braucht sich nur den Schatten eines auf einen Tisch gestellten Bleistifts anzusehen, um zu beobachten, dass der Schatten der Bleistiftspitze etwas verschwommen ist. Dies rührt daher, dass die von der Sonnenscheibe kommenden Strahlen nicht völlig parallel sind. Wären diese Strahlen einander wirklich parallel, wäre der Schatten ganz klar abgegrenzt und wir sähen die Sonne als einen Punkt am Himmel. Genau so ist es bei den Sternen am Nachthimmel: Diese "Sonnen" sind so weit von uns entfernt, dass sie (fast) nur noch einem Punkt darstellen und ihre Strahlen entsprechend fast vollkommen parallel auf die Erde treffen.
Vorsicht!
In die Sonne zu schauen, ist äußerst gefährlich. Dazu muss man unbedingt Spezialfilter benutzen (Brillen zur Beobachtung von Sonnenfinsternissen oder Schweißerbrillen der Dichte 14 – mindestens). Ohne Schutz entstehen schmerzlose, aber irreversible Verletzungen der Augen, die sich allerdings erst nach einigen Stunden oder Tagen bemerkbar machen. Warnen Sie die Kinder vor dieser Gefahr! Mit Spezialbrillen kann man dagegen die Sonnenscheibe ohne Verletzungsgefahr und in aller Ruhe bewundern.
Eine Klippe, an der Beobachtung und Experiment scheitern könnten
Kinder zeichnen die Sonne mit einem Strahlenkranz und stellen damit unbewusst stark divergierende Strahlen dar. Ist dies falsch? Ja und nein. Die Oberfläche der Sonne sendet Strahlen in alle Richtungen aus (und man kann die Sonne daher von überall her im Weltraum sehen). Die von den Kindern gezeichneten Strahlen gibt es also tatsächlich, aber sie erreichen uns nicht. Der größte Teil dieser Strahlenbündel geht in den Weltraum und trifft vielleicht auf ferne Gestirne. Nur ein ganz kleiner Bruchteil von ihnen (die in dem weiter oben erwähnten Kegel enthalten sind) gelangt zu uns. Um die auf die Erde treffenden Strahlen richtig darzustellen, darf man also nicht die Sonnenscheibe zeichnen, sondern lediglich die uns erreichenden parallelen Strahlen. (Um ganz genau zu sein, müsste man um jeden der parallelen Strahlen einen kleinen Lichtkegel zeichnen, als Hinweis darauf, dass die Sonne keine punktförmige Lichtquelle ist.) Um die riesige Entfernung zwischen Erde und Sonne zu ermessen, genügt es, eine maßstabsgetreue Zeichnung von Sonne und Erde zu machen. An die Arbeit!
Letzte Aktualisierung: 29.11.2023