Wissenschaftliche Kenntnisse zu ausgewählten Tieren vom Fischmarkt
Autoren: | |
Publikation: | 10.11.2005 |
Lernstufe: | 3 |
Herkunft: | La main à la pâte, Paris |
Vorstellung der ausgewählten Tiere
Es werden 6 Arten ausgewählt: Katzenhai, Forelle, Lachs, Makrele, Seezunge, Scholle.
Diese 6 Arten sollen nach den folgenden 5 Merkmalen klassifiziert werden:
- Flossen mit Flossenstrahlen
- Kiemen, die von einem Kiemendeckel bedeckt sind
- symmetrische Schwanzflosse
- Rücken- und Afterflossen, die sich über den ganzen Körper erstrecken
- kleine weiche Flosse auf dem Rücken
Ideal wäre es, wenn diese Unterrichtsstunde mit frischen Fischen vom Fischmarkt oder vom Fischgeschäft durchgeführt werden könnte. Die Fische sollten weder ausgenommen noch entschuppt, und die Flossen nicht abgeschnitten sein. Alternativ kann man ein öffentlich zugängliches Aquarium besuchen. Es genügen aber auch die Fototafeln.
Zur Verfügung stehende Arbeitsmaterialien
Anatomische Anmerkungen
Eine der Schwierigkeiten dieser Übung besteht darin, dass die Kinder mit den anatomischen Begriffen der untersuchten Tiere nicht vertraut sind. Die Anatomietafel hilft dabei, diese Klippe zu umschiffen.
Die Flossen eines Katzenhais und einer Forelle, zum Beispiel, sind nicht gleich aufgebaut. Katzenhaie haben Flossen (Finnen), deren Flossenhaut eine zum Teil muskulöse Struktur bedeckt. Die Flossen der Forelle haben Flossenstrahlen, die untereinander durch Flossenhaut verbunden sind.
Die Kiemen, die Atmungsorgane der Fische, sieht man bei Forellen ganz einfach, indem man den Kiemendeckel anhebt. Katzenhaie haben keine Kiemendeckel, bei ihnen sind die Kiemen über (5) Kiemenspalten direkt mit dem Wasser in Kontakt. Forelle und Lachs haben eine weiche Rückenflosse.
Auf den Tafeln sieht man alle Fische im Profil. Seezunge und Scholle haben die Besonderheit, dass sie als ausgewachsene Tiere einen flachen Körper besitzen und zwei Augen auf der rechten Seite des Körpers, während sich bei den Jungtieren ein Auge auf jeder Seite befindet. Dieses Merkmal ist kompliziert und wurde im Rahmen dieser Übung nicht berücksichtigt. Wenn einem Schüler aber diese Besonderheiten auffallen (flacher Körper und beide Augen auf einer Körperseite), verwenden Sie unbedingt auch diese Merkmale! Es sind Merkmale, die diesen beiden Fischen gemeinsam sind und von ihrer nahen Verwandtschaft zeugen. Die Bearbeitung der bereitgestellten Materialien erlaubt es, folgende Tabelle zusammenzustellen.
Katzenhai | Forelle | Lachs | Makrele | Seezunge | Scholle | |
---|---|---|---|---|---|---|
1. Flossen mit Flossenstrahlen | Ja | Ja | Ja | Ja | Ja | |
2. Kiemen, die von einem Kiemendeckel bedeckt sind | Ja | Ja | Ja | Ja | Ja | |
3. symmetrische Schwanzflosse | Ja | Ja | Ja | Ja | Ja | |
4. Rücken- und Afterflossen, die sich über den ganzen Körper erstrecken | Ja | Ja | ||||
5. kleine weiche Flosse auf dem Rücken | Ja | Ja |
Was können wir von jedem einzelnen Merkmal lernen?
Anhand der Merkmale 1 (Flossen mit Flossenstrahlen), 2 (Kiemen, die von einem Kiemendeckel bedeckt sind) und 3 (symmetrische Schwanzflosse) kann man Forelle, Lachs, Makrele, Seezunge und Scholle in eine Gruppe zusammenfassen: Gruppe A.
Mit dem Merkmal 4 (Rücken- und Afterflossen, die sich über den ganzen Körper erstrecken) kann man Seezunge und Scholle in eine Teilmenge der durch die Merkmale 1, 2 und 3 bestimmten Gruppe zusammenfassen: Gruppe B.
Anhand des Merkmals 5 (kleine weiche Flosse auf dem Rücken) kann man Forelle und Lachs in eine andere Teilmenge der durch die Merkmale 1, 2 und 3 bestimmten Gruppe zusammenfassen: Gruppe C.
Abb. 1: Eingruppierung von Katzenhai, Forelle, Lachs, Makrele, Seezunge und Scholle
Abb. 2: Das Ergebnis von Abb. 1 in Baumform
Das Vorhandensein eines Merkmals bedeutet, dass es einen gemeinsamen Vorfahren gibt. Mit dieser Darstellungsweise kann der historische Verlauf der Evolution dieser Lebewesen rekonstruiert werden.
Was lernen wir dadurch?
Gruppe A: Forelle, Lachs, Makrele, Seezunge und Scholle haben einen
gemeinsamen Vorfahren (A1) mit den Merkmalen 1 (Flossen mit
Flossenstrahlen), 2 (Kiemen, die von einem Kiemendeckel bedeckt sind)
und 3 (symmetrische Schwanzflosse).
Gruppe B: Seezunge und Scholle haben einen gemeinsamen
Vorfahren (A2), der das Merkmal 4 (Rücken- und Afterflossen,
die sich über den ganzen Körper erstrecken) hat.
Gruppe C: Forelle und Lachs haben einen gemeinsamen
Vorfahren (A3), der das Merkmal 5 (kleine weiche Flosse auf dem
Rücken) hat.
Wir nehmen eine Klassifizierung vor, d. h. wir geben jeder der
identifizierten Gruppen einen Namen:
Gruppe A entspricht den Knochenfischen (Teleostei),
Gruppe B entspricht den Plattfischen (Pleuronectiformes),
Gruppe C entspricht den Forellenfischen (Salmonidae).
Achtung!: Eine Gruppe D zu bilden, in der auch der Katzenhai und alle anderen Arten wären, würde zu einer Gruppe von Fischen führen, die aber keiner wissenschaftlichen Realität entspricht, da sich in dieser Gruppe nicht alle Nachkommen eines selben Vorfahren befinden.
In der Tat sind die Knochenfische (Gruppe A) den Tetrapoden (= Wirbeltiere mit vier Extremitäten), die u. a. Vögel, Säugetiere, Amphibien, Krokodile, Schildkröten, Schlangen und Echsen umfassen [siehe die übung über die Arktis]), näher, weil ihnen allen die Knochen im Skelett gemeinsam sind. Katzenhaie, Rochen und Haifische bilden die Gruppe der Knorpelfische (Chondrichthyens) und besitzen ein Skelett aus Knorpel.
Abb. 3: Der Begriff "Fisch" hat bei der wissenschaftlichen Klassifizierung nichts zu suchen.
Zusammen mit den Tetrapoden gehören die Knorpelfische und Knochenfische zu den Wirbeltieren.
Der Begriff "Fisch", der im alltäglichen Wortschatz verwendet wird, hat bei der wissenschaftlichen Klassifizierung nichts zu suchen. Man kann ihn natürlich beim Kochen oder Angeln weiterhin benutzen. Es ist allerdings interessant den Schülern die verschiedenen Sprachebenen, die mit diesem Wort verbunden sind, klar zu machen. Ebenso interessant ist es, auszuführen, wie wissenschaftliche Erkenntnisse zu einer Weiterentwicklung der Systematik geführt haben. Die traditionelle Systematik stützt sich bei der Klasse der "Fische" auf die Abwesenheit von Merkmalen (Abwesenheit von Extremitäten und Lungen) oder auf Merkmale, die auf den ersten Blick identisch erscheinen, es aber nicht sind, und daher nicht Zeuge einer nahen Verwandtschaft sind (zum Beispiel Flossen mit sehr unterschiedlicher Struktur). Im Gegensatz dazu erlaubt es eine phylogenetische Klassifizierung, die homologe Merkmale berücksichtigt (also solche, die ähnlich aufgebaut sind, Flossen mit Strahlenflossen zum Beispiel), zu verstehen, weshalb die Tiere unterschiedlich sind und keine homogene Gruppe bilden können.
Was lehrt uns diese Klassifizierung über die Evolution dieser Arten?
All diese Arten sind verwandt und die bei ihnen vorhandenen Merkmale zeugen von ihrem Verwandtschaftsgrad in der Evolution.
Der Katzenhai teilt einen gemeinsamen, sehr weit entfernten (= sehr alten) Vorfahren mit den anderen hier untersuchten Arten. Das gemeinsame Merkmal ist das Innenskelett. Sie gehören alle, zusammen mit den Tetrapoden, zur Gruppe der Wirbeltiere.
Die Diversifizierung der Forellenfische oder der Plattfische fand erst nach dem Auftreten der Strahlenflosser statt.
Durch eine einfache Analyse der Merkmale von Lebewesen ist es also möglich, eine strenge Klassifizierung durchzuführen und die großen Etappen der Evolution einer Gruppe von Lebewesen zu rekonstruieren.
Bruno Chanet, François Lusignan, September 2005.
Letzte Aktualisierung: 29.11.2023