Die Klassifizierung von Lebewesen
Autoren: | |||
Publikation: | 1.8.2002 | ||
Lernstufe: | 3 | ||
Übersicht: | Vorschlag für eine didaktische Herangehensweise, wie man anhand einer kleinen Auswahl von Lebewesen zu einem phylogenetischen Stammbaum kommen kann, der die Verwandtschaftsverhältnisse veranschaulicht. | ||
Angestrebte Kenntnisse: | Die Evolution der Lebewesen | ||
Herkunft: | La main à la pâte, Paris | ||
Bewertung: |
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Einleitung
Der Lehrer gibt den Schülern den Arbeitsauftrag, eine kleine Anzahl von Lebewesen zu klassifizieren. Die Schüler lernen dabei zum Beispiel, dass man Lebewesen klassifiziert nach dem, was sie "haben" (und nicht nach dem, was sie nicht haben, was sie machen, wo sie leben, wozu sie nützlich sind, und auch nicht nach dem, was sie auf den ersten Blick zu sein scheinen). Diese wissenschaftliche Klassifizierung unterscheidet sich von der gebräuchlichen ("Meeresfrüchte"), der anthropozentrischen ("wirbellose Tiere") oder der ökologischen ("Wühler", "Fische") Klassifizierung.
Ausgangsfragen
Ein Lebewesen zu kennen bedeutet zunächst, dass man auf die Frage "Welche Merkmale hat es?" eine Antwort weiß. Erst danach kommen Fragen wie "Wie lebt es, was frisst es, wie bewegt es sich fort, wie vermehrt es sich?".
Die Frage nach den Merkmalen wird in der folgenden Reihenfolge beantwortet:
- Woraus besteht das Lebewesen und was hat es mit anderen gemeinsam?
- Woher kommt es?
- Wo wird es bei der Klassifizierung eingeordnet?
Die Antwort auf die beiden letzten Fragen erhält man mit Hilfe der Antwort auf die erste Frage. So können Lebewesen nur dann definiert und eingeordnet werden, indem man beobachtet, was sie "haben". Sie nach dem zu klassifizieren, was sie nicht haben, hätte keinen Sinn: Das, was sie nicht haben, charakterisiert sie in keiner Weise und gibt auch keine Hinweise auf ihren Ursprung oder ihren Lebensraum. Man kann dieses Vorgehen den Kindern gegenüber folgendermaßen begründen: "Sich kennen" bedeutet, dass man weiß, wie man aussieht und woher man kommt. Man kann zum Beispiel ein Kind bitten einen Mitschüler zu beschreiben, indem es aufzählt, was dieser nicht hat, und danach anhand dieser Beschreibung Schülergruppen zu bilden. Diese Vorgehensweise kann dann mit der umgekehrten verglichen werden, bei der die Kinder danach beschrieben und geordnet werden, was sie haben. Man kommt schnell zu dem Schluss, dass die zweite Vorgehensweise die sinnvollere ist.
Lernziele
Die Lernziele, die sich über mehrere Unterrichtsstunden erstrecken, sind die folgenden:
- Verschiedene Arten beschreiben und sich anatomisches Vokabular aneignen;
- zwischen sortieren, ordnen und klassifizieren unterscheiden;
- Klassifizierungskriterien aufstellen, um die Lebewesen nach dem, was sie haben, zu klassifizieren;
- eine Diskussion anregen, bei der Beobachtung und Wissen einander gegenübergestellt werden;
- erkunden, wie Gruppierungen von Lebewesen miteinander verbunden sein können;
- bei diesen Verschachtelungen verstehen, welches die gemeinsamen Merkmale sind;
- ausgehend von den Gruppierungen einen Stammbaum zeichnen;
- überzählige Arten, darunter Fossilien, in der bestehenden Klassifizierung unterbringen.
1. Beobachten und beschreiben
Der erste Schritt ist das Beobachten und Beschreiben. Manche Kinder wissen nur wenig über Lebewesen; bei ihnen besteht der erste Schritt darin, Tiere und Pflanzen anhand von Fotos zu beschreiben. Das ist notwendig, um das Vokabular zu lernen, das man zur Beschreibung von Lebewesen braucht und ohne das auch keine abstrakte Beschreibung möglich ist. Man kann in der Tat beim Betrachten eines Tierfotos das Tier als Individuum sehen oder aber als Vertreter seiner Art. Zum Beispiel kann man in einem Rotkehlchen ein unbekanntes Lebewesen mit roter Kehle sehen, oder aber einen Vogel erkennen. Wenn die Kinder Tiere nach dem beschreiben, was sie haben, kann es vorkommen, dass eine Katze zum Beispiel rotbraun ist und eine andere ein Wollknäuel zwischen den Pfoten hat. Nach der Beschreibung erfolgt das Abstrahieren, indem man zum Beispiel versucht, die allgemeinen Attribute von den Attributen zu trennen, die sich aus besonderen Situationen ergeben. Man sollte:
- die Größe relativieren,
- die Farben ausblenden, mit Hilfe von Schwarzweißfotos oder -zeichnungen zum Beispiel,
- unterscheiden zwischen den äußeren Eigenschaften der Lebewesen und den scheinbaren Eigenschaften, die durch die Situation auf dem Foto bestimmt sind.
Es sollten mehrere Fotos einer Tierart herangezogen werden, um auszumachen, welche Eigenschaften eine Art charakterisieren. Die überzähligen Fotos werden danach wieder aussortiert. Man kann versuchen, ein neues Tier vorzustellen und Verbindungen zu bereits bekannten Tieren herzustellen.
Sobald Größe, Farbe und die spezielle Situation ausgeblendet werden, erhält man eine fortgeschrittene Beschreibung der Art unter Verwendung von anatomischen Begriffen (Kopf, Augen, Flügel, Fell, Federn, Extremitäten, Flossen, Fühler). Der nächste Schritt besteht dann darin, das Ganze anhand einer vorgegebenen Auswahl von Lebewesen zu wiederholen.
Anmerkung: Diese Unterrichtsstunde wird grundlegend anders verlaufen, wenn die zu klassifizierenden Lebewesen in der freien Natur eingesammelt wurden. Die Lernziele sind jedoch die gleichen.
2. Zwischen sortieren, ordnen und klassifizieren unterscheiden
Es wird eine Tafel mit einer kleinen Auswahl von Tierarten verteilt: Es sind auf buntem Papier fotokopierte Zeichnungen (eine Motte, zwei Schmetterlinge, ein Marienkäfer, ein Maikäfer, ein weiterer Käfer, ein Knochenhecht/Kaimanfisch, ein Petersfisch/Heringskönig, ein Mensch, ein Kaninchen, eine Katze, eine Fledermaus, eine Taube, ein Huhn (Abb. 1).
Die in kleine Gruppen eingeteilten Schüler werden aufgefordert, die Arten – je nach Farbe des Blattes – entweder zu ordnen, zu sortieren oder zu klassifizieren: Die Kinder mit den rosa Blättern sollen ordnen, die mit den blauen sortieren und die Kinder mit den weißen Blättern sollen klassifizieren. In jeder Gruppe werden mit Hilfe von Schere und Klebstoff die Zeichnungen je nach Auftrag neu zusammengestellt.
Sofort erkundigen sich die Schüler nach den Kriterien. Wir sortieren nach "mit Fell/ohne Fell" oder nach "lebt/lebt nicht auf dem Bauernhof". Ordnen können wir zum Beispiel vom größten zum kleinsten Tier, oder vom schönsten zum hässlichsten. Alle Arbeiten werden eingesammelt und aufgehängt. Der Lehrer wird feststellen, dass die drei Aufgaben vermischt wurden: Die einen haben sortiert und dachten, sie hätten klassifiziert, andere wiederum haben geordnet anstatt zu klassifizieren und umgekehrt. Nachdem die Begriffe Sortieren, Ordnen und Klassifizieren genauer definiert wurden, werden die Blätter noch einmal ausgeteilt.
- Sortieren: Das Sortieren erfolgt nach dem Vorhandensein/Nichtvorhandensein eines oder mehrerer Kriterien. Zum Beispiel gibt es Lebewesen mit Fell/Haaren (Katze, Fledermaus, Kaninchen, Mensch) und solche ohne Fell (die anderen). Das Sortieren wird beim Bestimmen von Lebewesen (Bestimmungsschlüssel) herangezogen, ersetzt aber keinesfalls die Klassifizierung.
- Ordnen: Bei diesem Kriterium wird "kontinuierlich", zum Beispiel vom größten bis zum kleinsten Tier, oder vom "nettesten" bis zum "bösesten" geordnet.
- Klassifizieren: Arten fasst man zusammen nach dem, was sie haben (und nicht nach dem, was sie nicht haben). Diese Merkmale sind die Kriterien für die Klassifizierung. Diese Merkmale überlappen teilweise. Zum Beispiel gibt es bei der Gruppe von Lebewesen mit vier Beinen eine Untergruppe von Lebewesen mit Fell. Lebewesen sind hierarchisch strukturiert.
Abb. 1: Eine Auswahl an Tieren, die sortiert, geordnet und klassifiziert werden soll (Bild in höherer Auflösung)
3. Kriterien und Merkmale bei der Klassifizierung
Das Sortieren und das Ordnen werden nun nicht weiter verfolgt. Ab jetzt wird klassifiziert. In einem ersten Schritt werden die Klassifizierungskriterien herausgearbeitet. Wenn man die Kinder diese Kriterien selbst herausfinden lässt, wird es zu einer Mischung von heterogenen Kriterien kommen. Die Tiere kommen in eine Gruppe, weil sie:
- das Gleiche machen ("sie fliegen oder sie fressen Fleisch"),
- am gleichen Ort leben ("sie wohnen auf dem Bauernhof"),
- (in erster Linie) dieses oder jenes sind ("es sind Insekten"),
- der gleichen Sache dienen ("man kann sie essen"),
- dieses oder jenes nicht haben ("sie haben keine Wirbel" oder "sie haben keine Pfoten"),
- dieses oder jenes haben ("sie haben sechs Beine").
Nach dem Herausarbeiten dieser Kriterien kann man sie gemeinsam sortieren. Wenn die Klassifizierung die Evolution der Lebewesen widerspiegeln soll, dann muss die Vorschrift lauten: "Klassifiziere nach dem, was die Tiere haben", was dem letzten der oben genannten Kriterien entspricht.
Spontan werden die Kinder dazu neigen, voneinander getrennte Gruppen zu bilden, ohne Verschachtelungen. Eine zweite Vorschrift mag die jungen Systematiker vielleicht dazu motivieren, vor allem ineinander verschachtelte Gruppen zu bilden. Das heißt nichts anderes, als dass die Kriterien hierachisiert werden: Alle Tiere mit Fell waren auch schon in der Gruppe aller Tiere mit vier Beinen, usw. Eine Möglichkeit, wie die Kinder selbst auf diese Verschachtelungen kommen, besteht darin, die Kinder danach zu fragen, was alle Tiere haben. Zum Beispiel haben sie alle einen Kopf. Dieses Merkmal bestimmt die alles andere umfassende Gruppe. Die anderen Gruppen werden deshalb notwendigerweise Untermengen dieser Gruppe sein.
Es werden wieder die gleichen Bögen ausgeschnitten und die Tierbilder, nach Merkmalen sortiert, wieder auf ein Blatt Papier geklebt. In jeder Gruppe besprechen die Kinder untereinander, was die Tiere haben. Diese Diskussion führt zu einer genauen Betrachtung der Bilder und zu einer Gegenüberstellung von Beobachtung und Wissen. In der Gruppe "Kaninchen, Katze, Mensch, Fledermaus" zum Beispiel, haben alle ein Fell und Milchdrüsen. Die Kinder werden aufgefordert, die Mengen zu kennzeichnen (durch Umkreisen ggf. in unterschiedlichen Farben) und neben die Mengen die entsprechenden Merkmale aufzuschreiben.
Diese Übung wird die Kinder eventuell dazu bringen, die Merkmale einzelner Gruppen neu zu formulieren und sie wieder zu den anatomischen Begriffen führen (d. h. zu dem, was die Tiere haben).
Beispiel:
- Man sagt nicht: Ich lege sie zusammen, weil sie schwimmen (das entspräche einer Klassifizierung nach dem, was sie machen).
- Man sagt: Ich lege sie zusammen, weil sie Flossen haben (Anatomie).
- Man sagt nicht: Ich lege sie zusammen, weil es Säugetiere sind (= Klassifizierung nach dem, was sie sind).
- Man sagt: Ich lege sie zusammen, weil sie Milchdrüsen haben (Anatomie).
In einem zweiten Schritt werden die Klassifizierungsmerkmale aller Arbeitsgruppen vorgelesen, gemeinsam kommentiert und an der Tafel aufgehängt. Hinweis für die Lehrer: Die Tierfiguren können im Voraus vergrößert, auf kartoniertes Papier aufgeklebt, ausgeschnitten und mit Hilfe vom Haftgummi an der Tafel aufgehängt werden. Die Tiere werden wieder klassifiziert, dieses Mal mit Hilfe aller aufgestellten und von der gesamten Klasse akzeptierten Merkmale (Abb. 2).
Diese Merkmale sind:
- Deckflügel: Maikäfer, Käfer, Marienkäfer
-
Vier Flügel: Schmetterling 1, Schmetterling 2, Motte
Gemeinsame Merkmale der beiden oben genannten Gruppen: sechs Beine, Fühler, ein Außenskelett (Exoskelett) - Federn: Taube, Huhn
-
Fell, Milchdrüsen: Katze, Mensch, Kaninchen, Fledermaus
Gemeinsame Merkmale dieser beiden Gruppen: vier Extremitäten -
Flossen mit Flossenstrahlen: Petersfisch/Heringskönig,
Knochenhecht/Kaimanfisch
Gemeinsame Merkmale der drei letzten Gruppen: ein Innenskelett (Endoskelett)
Merkmale, die allen gemeinsam sind: Kopf, Augen - Eventuell noch Flügel: Taube, Huhn und Fledermaus
Man sieht die Verschachtelungen.
Anmerkung 1:
Die Fledermaus ist ein schwieriger Fall. Die Kinder sind schnell verwirrt
durch die Tatsache, dass die Fledermaus, ebenso wie die Katze, Fell und
Milchdrüsen besitzt, aber eben auch Flügel wie die Taube und das
Huhn. Es gibt drei Lösungen: Entweder entscheidet man sich, von Anfang an
die Fledermaus wegzulassen; oder man gibt das Ergebnis vor und ordnet sie wie
oben geschehen ein; oder man erwähnt sie erst nach der Unterrichtsstunde,
um zu zeigen, dass es auch komplizierte Fälle gibt. In den letzten beiden
Fällen muss man erläutern, weshalb die Fledermaus bei Katze, Mensch
und Kaninchen eingeordnet wird.
Die Fledermaus wird deshalb bei Katze, Mensch und Kaninchen eingeordnet, weil sie mit ihnen zwei Merkmale gemeinsam hat, während sie mit dem Vogel nur ein Merkmal gemeinsam hat. Ein Tier wird immer mit den Tieren eingruppiert, mit denen es die meisten gemeinsamen Merkmale hat.
Abb. 2: Eingruppierung der Tiere aus Abb. 1
Anmerkung 2:
Bei der ersten Auswahl von Lebewesen gab es nur einen Vogel: die Taube. Es ist
eigentlich kein Problem, dass die Taube als einziger Vertreter der Lebewesen
mit Flügeln vorkommt, sie bildet einfach eine Gruppe für sich
allein. Wenn dieses trotzdem ein Problem darstellt, kann man einfach –
wie in diesem Beispiel – noch ein Huhn hinzufügen.
Anmerkung 3:
Der Hauptpunkt dieser Unterrichtsstunde ist, dass unbedingt vermieden werden
muss, Tiere nach dem zu klassifizieren, was sie nicht haben. Die Erfahrung
zeigt, dass die Kinder es spontan richtig machen, ohne dass man es ihnen
explizit sagen muss. Verneinende Gruppen, wie die "wirbellosen Tiere" oder die
"Agnaten", sind "kulturelle Erblasten", die eher ein Problem für die
Erwachsenen als für die Kinder darstellen.
4. Die zugrunde liegende Kausalität (die Klassifizierung sagt etwas über die Welt aus)
Man kann die Klasse fragen, warum die Arten manches gemeinsam haben. Die Antworten können lauten:
- Weil Gott sie so geschaffen hat (bei der Gelegenheit kann man definieren, was eine wissenschaftliche Behauptung ist).
- Weil sie in dem gleichen Milieu (Habitat) leben.
- Weil sie Babys machen.
- Weil sie aus der gleichen Familie kommen.
- Weil sie verwandt sind.
- Weil sie aus dem Bauch derselben Mutter kommen, aber diese Mutter lebte in der Steinzeit.
Man kann die Kinder dazu bringen, sich daran zu erinnern, dass die Entwicklungsgeschichte einer Familie über sehr große Zeiträume "Genealogie" heißt. Es kann sein, dass die Schüler dieses Wort einbringen. Was gibt es in einer Genealogie? Vorfahren. Warum haben sie das, was sie haben, alle gemeinsam? Weil sie es von ihren Vorfahren, oder genauer, von ihren gemeinsamen Vorfahren geerbt haben.
Sobald das Wort "Genealogie" genannt wird, sprechen die Kinder sofort von einem Stammbaum. Einige Kinder sagen sogar, dass sich die Arten verändern. Es sind diese Veränderungen, die die Lebewesen im Laufe ihrer Genealogie durchmachen, die hinter den verschachtelten Gruppen stehen.
Sobald die Stichwörter "Vorfahren", "Verwandte", "Genealogie", "Veränderung" oder "Evolution", ja auch "Stammbaum" gefallen sind, ist es an der Zeit zu erklären, dass die Lebewesen das, was sie gemeinsam haben (und was andere nicht haben), deshalb haben, weil sie es von ihren gemeinsamen Vorfahren geerbt haben (das heißt, dass es sich nicht um die Vorfahren der anderen handelt). Zum Beispiel sind die sechs Beine ein Erbe von einem Tier, das der Vorfahre des Maikäfers, des Marienkäfers, des weiteren Käfers, der beiden Schmetterlinge und der Motte gewesen ist, der aber nicht der Vorfahre der anderen (Katze, Kaninchen, usw.) ist, weil sonst die anderen ebenfalls sechs Beine hätten.
Abb. 3: Stammbaum der Tiere aus Abb. 1
5. Von der Klassifizierung zum Stammbaum
Die verschachtelten Gruppen stellen einen Baum dar, wobei jede Gruppe einem Zweig entspricht. Je mehr Untergruppen eine Gruppe besitzt, desto "tiefer" reicht der dazugehörende Ast.
Mehrere praktische Vorgehensweisen sind jetzt möglich:
- Der Lehrer kann den Stammbaum mit den verschiedenen Gruppen von Lebewesen zeichnen.
- Es kann ein Mobile verwendet werden.
- Man lässt die Kinder in einer weiteren Unterrichtsstunde den Stammbaum selbst zeichnen. Um die verschiedenen Zweige leichter wiederzufinden, sollte in diesem Fall für jede Gruppe und den dazugehörigen Zweig eine unterschiedliche Farbe verwendet werden. Man kann dann diejenigen Schüler, die den Stammbaum "richtig" gezeichnet haben, auffordern, ihn allen zu erklären. Dabei sollte man prüfen, ob beim Übergang von den Gruppen zum Stammbaum auch keine Informationen verlorengegangen sind.
- Oder man zeichnet von vornherein den Stammbaum, der den klassifizierten Tiergruppen entspricht, an die Tafel und lässt die Kinder die einzelnen Gruppen an die Enden der Zweige anbringen; diese Übung kann nur dann erfolgreich durchgeführt werden, wenn der Zusammenhang zwischen den Zweigen und den Gruppen verstanden wurde.
- Man kann die Merkmale in diesem Fall an den Zweigen des Stammbaums anbringen (Abb. 4). Jetzt kann man auch erkennen, dass die Vögel und die Fledermaus das Fliegen jeweils unabhängig voneinander gelernt haben.
6. Eine neue Art einordnen
Man kann zum Beispiel vorschlagen, in den fertigen Stammbaum ein Mammut unterzubringen. Um das Mammut an der richtigen Stelle einzuordnen, genügt es, seine Merkmale zusammenzustellen: Es hat einen Kopf, ein Innenskelett, vier Extremitäten, Milchdrüsen und ein Fell. Hier soll gezeigt werden, dass ein Fossil nicht in einer Astgabel des Stammbaums eingeordnet wird, sondern am Ende eines Zweiges, genau wie die heutigen Tiere.
7. Neue Wörter lernen
Es geht hier nicht darum, dass die Kinder die genauen wissenschaftlichen Termini lernen, sondern darauf hinzuwirken, dass sie die in der Klasse gebildeten Tiergruppen bestimmen können:
- Kopf, Augen: Tiere (oder Metazoen)
- Sechs Beine, Fühler, Außenskelett: Insekten
- Vier Flügel: Schmetterlinge
- Deckflügel: Käfer
- Innenskelett: Wirbeltiere
- Flossen mit Flossenstrahlen: Fische mit Strahlen in den Flossen (Strahlenflosser oder Actinopterygier)
- Vier Extremitäten: Tiere mit vier Beinen (oder Tetrapoden)
- Federn: Vögel
- Milchdrüsen, Fell: Säugetiere
8. Schlussfolgerungen und Vorsichtsmaßnahmen
Mit dieser Unterrichtseinheit sind mehrere Lernziele verfolgt worden:
- Wir haben uns mit der phylogenetischen Klassifizierung befasst, ohne es explizit zu sagen.
- Wir haben die verneinenden anthropozentrischen Gruppen außen vor gelassen (wirbellose Tiere, Agnaten, usw.).
- Wir sind bei der Klassifizierung von der Beobachtung ausgegangen. Die umgekehrte Vorgehensweise, also das zugrunde legen, was man über Lebewesen zu wissen glaubt, nur um schließlich zu einer vertrauten Klassifizierung zu gelangen, wäre vom phylogenetischen Standpunkt aus völlig falsch.
- Wir haben anfangs gesagt, dass eine Klassifizierung etwas über die Welt aussagt (Veränderungen im Laufe der Genealogie), die Metapher des Baumes passt zu dieser Aussage.
- Unsere Ergebnisse entsprechen dem heutigen Forschungsstand.
Nach diesem Modell kann man sich zahlreiche Unterrichtsstunden ausdenken, je nach Auswahl von Lebewesen. Man kann eine solche Unterrichtsstunde mit Arten, die man im/am Meer, im Wald, im/am Teich, usw. gesammelt hat, durchführen. Es können für die Lehrer allerdings einige Schwierigkeiten auftauchen. Zum Beispiel können manche Arten zufällig in eine Gruppe sortiert werden, weil die Evolution an manchen Punkten zusammenläuft. Es kann auch passieren, dass die gesammelten Arten einander zu ähnlich sind und man sie deshalb nicht weiter differenzieren kann. Eine Auswahl von Tieren ist dann besonders geeignet, wenn einzelne Gruppen ausgemacht werden können und diese miteinander verwandt sind. Das Risiko besteht darin, dass die Vorgehensweise gelingt und von der Klasse verstanden wird, und dennoch vom phylogenetischen Standpunkt aus betrachtet zu einer falschen Klassifizierung führt. Aus pädagogischen Gründen ist es deshalb sehr wichtig, dass der Lehrer sich schon vorher Gedanken über die Auswahl der zu klassifizierenden Arten macht. Eine solche Unterrichtsstunde verlangt deshalb vom Lehrer viel Vorarbeit: Er muss die eingesammelten Arten überprüfen, um den Anteil der Arten mit möglicherweise "widersprüchlichen" Merkmalen möglichst gering zu halten. Weiterhin sollte er prüfen, ob die Merkmale, die die Schüler mit größter Wahrscheinlichkeit ausmachen werden, auch tatsächlich zu einer phylogenetischen Klassifizierung führen.
Kommentar von La main à la pâte: Verbindung zu anderen Aktivitäten
Die Unterrichtseinheit "Tiere des Waldes klassifizieren" richtet sich an Schüler der 1. bis 3. Klasse. Die Unterrichtseinheit "Tiere vom Fischmarkt oder Fischgeschäft klassifizieren" ist schwieriger und wendet sich an Schüler der 4. bis 6. Klasse (und an die Lehrenden!), die eine solche Klassifizierungsarbeit bereits durchgeführt haben. Die pädagogischen Unterlagen sind für beide Unterrichtseinheiten gleich.
Letzte Aktualisierung: 29.11.2023