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Sehfehler und ihre Korrektur

Publikation: 1.7.1999
Herkunft: La main à la pâte, Paris

Das Auge enthält eine Linse – ganz wie ein Fotoapparat. Mit Hilfe dieser Linse wird ein Bild des beobachteten Gegenstandes auf der Netzhaut erzeugt (siehe auch Bilderzeugung mit Linsen). Beim Fotoapparat bewegt man zur Scharfein­stellung die Linse relativ zum Film (auf dem ein scharfes Bild entstehen soll). Beim Auge dagegen ist der Abstand zwischen Linse und Netzhaut nicht ver­änderbar. Dafür kann das Auge aber die Form seiner Linse verändern. Dies geschieht mit Hilfe von Muskeln, die rund um die Linse sitzen. Wenn diese Muskeln nicht angespannt sind, ist das (gesunde) Auge auf Fernsicht einge­stellt. Um Dinge in der Nähe scharf sehen zu können, müssen die Muskeln ange­spannt werden (das Auge muss "akkommodieren"). Dadurch wird die Linse stärker gekrümmt und hat eine stärkere "Brechkraft".

Das Auge, selbst das eines Kindes oder Jugendlichen, kann den einen oder anderen Sehfehler aufweisen. Die häufigsten Sehfehler sind Kurzsichtigkeit, Weitsichtigkeit und Astigmatismus. Mit zunehmendem Alter verlieren zudem die Mus­keln des Auges an Geschmeidigkeit, und das Auge wird alterssichtig, das heißt, es akkommodiert immer weniger (und kann sich immer weniger der Entfernung anpassen).

Kurzsichtiges Auge

Beim kurzsichtigen Auge ist die Linse selbst bei völliger Entspannung der sie umgebenden Muskeln schon so stark gekrümmt, dass ein scharfes Bild eines fernen Gegenstand nicht auf der Netzhaut entsteht, sondern bereits davor. Die Linse bricht das Licht zu stark und weit entfernte Gegenstände können nicht scharf gesehen werden.

Bei Kurzsichtigkeit muss man deshalb eine Brille tragen, die eine Zerstreuungs­linse enthält. Diese "zerstreut" das auf die Linse des Auges fallende Licht, so dass die zu starke Brechung der Augenlinse gerade ausgeglichen wird. Damit entsteht das scharfe Bild wieder genau auf der Netzhaut und nicht mehr davor.

Weitsichtiges Auge

Beim weitsichtigen Auge ist die Situation genau umgekehrt: Bei völlig ent­spannten Linsenmuskeln ensteht ein scharfes Bild eines entfernten Gegenstan­des nicht auf der Netzhaut (wie beim normalsichtigen Auge) oder davor (wie bei Kurzsichtigkeit), sondern dahinter. Um entfernte Gegenstände scharf zu sehen, müssen die Muskeln um die Linse des Auges also bereits angespannt sein. Um naheliegende Gegenstände scharf sehen zu können, müssen die Lin­senmuskeln noch weiter angespannt werden; irgendwann reicht die Kontrak­tionsfähigkeit der Muskeln nicht mehr aus und nahe Gegenstände können nicht mehr scharf gesehen werden.

Um die Weitsichtigkeit zu beheben, muss man folglich nicht eine Zerstreuungs­linse sondern eine Sammellinse als Brille benutzen. Dadurch werden die auf das Auge fallenden Strahlen schon so stark gebrochen, dass die Brechkraft der Augenlinse dann ausreicht, um ein scharfes Bild auf der Netzhaut entstehen zu lassen.

Astigmatisches Auge

Beim Astigmatismus ist die Linse des Auges nicht gleichmäßig gekrümmt. Ist sie zum Beispiel in vertikaler Richtung stärker gekrümmt als in horizontaler Rich­tung, dann werden bei einem karierten Blatt Papier zwar die horizontalen Linien scharf gesehen, aber nicht die vertikalen (oder umgekehrt). Der Astig­matismus wird mit asphärischen Gläsern – also Linsen, die keine kugelförmigen Oberflä­chen aufweisen – korrigiert, um die Abweichungen der Augenlinse von der Ku­gelform auszugleichen.

Alterssichtigkeit

Mit zunehmendem Alter tendieren die Muskeln, die die Linse des Auges in die richtige Form bringen, dazu, ihre Elastizität zu verlieren. Beim normalsichtigen Auge führt das dazu, dass die Muskeln sich nicht mehr genügend anspannen lassen, um Gegenstände in der Nähe scharf erkennen zu können: Die mini­male Sehweite (der kürzeste Abstand, bei dem man einen Gegenstand noch scharf sieht) wird größer. Man wird "altersweitsichtig" und muss, um Gegen­stände in der Nähe scharf sehen zu können (z. B. um ein Buch oder eine Zei­tung zu lesen), eine Brille mit einer Sammellinse tragen. Da sich aber an der Anpassung des Auges für die Ferne nichts geändert hat, kann man mit solch einer Brille Gegenstände in der Ferne nicht erkennen. Sie haben zweifellos Alterssichtige mit "Halbmond­brille" gesehen. Eine solche Brille erlaubt es ihrem Träger, nahe Objekte mit den Korrek­turgläsern und ferne Objekte über die Brille hinweg zu sehen.

Wenn ein Kurzsichtiger alterssichtig wird, vergrößert sich seine minimale Seh­weite. Konnte er vorher ohne Brille Gegenstände in der Nähe gut erkennen, so verliert er jetzt diese Fähig­keit, wobei sich aber an seiner Unfähigkeit, Gegen­stände in der Ferne erken­nen zu können, nichts ändert. Es kann passieren, dass er zum Sehen in der Ferne Gläser für Kurzsichtigkeit (Zerstreuungsgläser) braucht, zum Sehen in der Nähe aber Gläser für Weitsichtigkeit (Sammel­gläser).

Wenn ein Weitsichtiger alterssichtig wird, vergrößert sich seine von vornherein schon zu große minimale Sehweite noch weiter. Er benötigt dann für den Nah­bereich eine noch stärkere Sammellinse, die aber so stark ist, dass er damit in der Ferne nichts mehr scharf erkennen kann. Es kann sogar geschehen, dass er in keiner Entfernung mehr deutlich sieht. Das erfordert dann die Verwen­dung mehrerer Sammelgläser mit unterschiedlichen Brennweiten.

Letzte Aktualisierung: 29.11.2023

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