Unterrichtsstunde 12: Die Biodiversität auf meinem Teller und in meinem Haus
Autoren: | |
Publikation: | 26.1.2013 |
Lernstufe: | 3 |
Übersicht: |
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Ziele: |
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Angestrebte Kenntnisse: |
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Wortschatz: | Art, Tiere, Pflanzen, Pilze, Mikroorganismen, invasive Arten |
Dauer: | Dreimal 45 Minuten |
Material: |
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Herkunft: | La main à la pâte, Paris |
Vorbereitung der Unterrichtsstunde und Eingangsfrage
Zur Vorbereitung wird ein paar Tage vor der Unterrichtsstunde folgende Frage gestellt: "Welchen Platz nimmt die Biodiversität in eurem Alltag ein? Welche Dinge des Alltags stammen von Lebewesen?"
Manchen Kindern fällt sofort etwas ein: Sie essen Gemüse und Fleisch, haben einen Hamster oder einen Garten vor der Tür. Nach kurzer Diskussion fragt der Lehrer: "Wie kommen wir zu einer Liste aller Elemente aus der Biodiversität, die uns Tag für Tag im Leben begleiten beziehungsweise uns am Leben erhalten? Ist uns wirklich klar, wie viele Pflanzen und Tiere wir (ver)brauchen?" "Wir müssen dem nachgehen – zu Hause und in der Klasse."
Aktivität 1: Herausfinden, wo und wie viel Biodiversität in unserer Umgebung steckt
Die Klasse überlegt gemeinsam oder in kleinen Gruppen, wie eine solche Inventur am besten durchzuführen ist. "Welche Dinge braucht man jeden Tag?" "Sieht man immer gleich auf den ersten Blick, dass in einem Gegenstand Biodiversität steckt?" "Wie bringt man in Erfahrung, woraus ein Gegenstand oder ein Produkt besteht?" "Wie kriegen wir heraus, ob den Mitgliedern unserer Familien bewusst ist, dass sie ständig auf die Biodiversität angewiesen sind?" "Leben in unseren Häusern andere Lebewesen? In welcher Beziehung stehen wir zu ihnen?" "Was schreiben wir in unser Protokoll, wenn wir herausgefunden haben, dass etwas aus der Biodiversität stammt?"
Wenn die Schüler nicht zurechtkommen, kann der Lehrer ihnen helfen, ihre Suche zu planen. Er kann ihnen insbesondere Kategorien für die Inventur vorschlagen: Biodiversität im Mobiliar, in den Kleidern, in kosmetischen Produkten, in Haushaltsprodukten, in den Bauteilen/im Baumaterial des Hauses usw. Nahrungsmittel werden zunächst außen vor gelassen; um die geht es in der zweiten Aktivität.
Der Lehrer kann den Kindern folgenden Hinweis geben – falls das überhaupt nötig ist: Möchte man wissen, aus was für einem Material ein Mantel oder ein T-Shirt besteht, reicht ein Blick aufs Etikett. Die Inhaltsstoffe von kosmetischen oder Haushaltsprodukten stehen ebenfalls immer auf dem Etikett/der Verpackung.
Gemeinsam entwirft die Klasse ein Formblatt, in das die Ergebnisse eingetragen werden können. Die Kinder füllen das (fotokopierte) Formblatt zu Hause aus.
Wo und was für eine Biodiversität habe ich gefunden? | ||
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Die Baumaterialien des Hauses:
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Im Mobiliar:
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In Kleidern, Tüchern, Bettwäsche, Vorhängen:
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In Haushalts- und kosmetischen Produkten:
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In den Gebrauchsgegenständen:
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Welche Lebewesen (außer Menschen) leben in meinem Haus? Was machen wir mit ihnen? |
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Tab. 1: Biodiversität in unserer alltäglichen Umgebung
Nach ein paar Tagen wird die Unterrichtsstunde mit der Auswertung der Suchergebnisse fortgesetzt.
Die Funde werden in der Klasse vorgetragen und an die Tafel geschrieben. Es wird über die Herkunft mancher biologischer Materialien diskutiert, zum Beispiel: Kork kommt von der Korkeiche, Leder ist meistens Kuhhaut, Perlen und Perlmutt findet man in Austern und anderen Muschelarten. Sheabutter wird aus der Kariténuss gewonnen (die am Katirébaum wächst), Kautschuk gewinnt man durch Anritzen der Baumrinde von Kautschukbäumen (aus Kautschuk wird Gummi hergestellt). Zahlreiche Lebewesen leben in unseren Häusern und profitieren von der Anwesenheit und Tätigkeit der Menschen: Insekten, Pilze, Pflanzen, ...
So verschiedene Dinge wie Möbel, Kleider oder kosmetische Produkte bestehen zum größten Teil aus organischer Materie. Die Menschen holen sich diese Materie entweder direkt aus den "natürlichen" Ökosystemen wie Wald und Meer, oder sie legen Kulturen an (Baumwollplantagen, Wälder, ...) und züchten Tiere (Schafe – für die Wolle, Perlmuscheln, Seidenraupen, ...). Die Natur leistet also wesentliche "Dienste" – sogenannte Ökosystem-Dienstleistungen – im täglichen Leben der Menschen: Dienste, auf die der Mensch zum Teil nur sehr schwer verzichten kann.
Definition:
Die Dienste, die der Mensch den Ökosystemen verdankt, nennt man Ökosystem-Dienstleistungen.
Aktivität 2: Die Biodiversität auf unseren Tellern macht uns die Stellung des Menschen in der Nahrungskette bewusst
Nun wenden wir uns der Biodiversität in unserer Ernährung zu. Vor der Unterrichtsstunde hat der Lehrer Speisepläne der Kantine gesammelt und/oder die Schüler gebeten, sich zu Hause das Menu einiger Mahlzeiten aufzuschreiben und mitzubringen. Die Kinder haben kleine Arbeitsgruppen gebildet, jede Gruppe bearbeitet "einen Tag" (alle Menüs). Folgende Aufgaben werden gestellt:
- Jede Gruppe überlegt sich, welche Zutaten die Speisen enthalten. Die Liste muss nicht unbedingt erschöpfend sein, sie bildet nur die Ausgangsbasis für die Arbeit. Bei Schwierigkeiten sollten die Schüler den Lehrer fragen oder, wenn möglich, im Internet nachschauen (auf Seiten wie www.chefkoch.de).
- Auf einem Poster die verschiedenen Lebewesen benennen, von denen die Speisezutaten stammen und sie je nach Ursprung auf Kategorien verteilen: Tiere, Pflanzen usw. Es empfiehlt sich, eine Tabelle mit drei Spalten anzulegen: Speise, Zutaten, Herkunft.
- Den Teil des Lebewesens, von dem das Essen stammt, genau bezeichnen.
- Die in den Speisen enthaltenen Nahrungsmittel benennen, die nicht von Lebewesen stammen.
Beispiel für einen Schulspeiseplan für eine Woche
Da sich die Bezeichnungen für Speisen von Land zu Land, und sogar von Region zu Region, stark unterscheiden können, nimmt man am besten ein Beispiel aus der eigenen Region. Ideal ist natürlich der Speiseplan der eigenen Schule.
Montag |
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Menü 1: Hühnerfrikassee mit Gemüsereis Menü 2: Linseneintopf mit Würstchen (vom Schwein) Menü 3: Hirse-Gemüsepfanne mit Currysauce Nachtisch: Schokopudding, Obst |
Dienstag |
Menü 1: Gebratenes Seelachsfilet in Schnittlauchsoße,
Bio-Kartoffeln, Erbsen Menü 2: Chili con carne, Basmati-Reis, Mais Menü 3: Kräuterquark mit Butter und Salzkartoffeln, Salat Nachtisch: Früchtequark, Obst |
Mittwoch |
Menü 1: Putenbrust in Rahmsoße, Vollkornnudeln, Erbsen und
Möhren Menü 2: Bratwürstchen (vom Schwein), Bio-Kartoffeln, Rotkohl Menü 3: Gemüse-Reispfanne mit Limonensoße, Tomatensalat Nachtisch: Apfelmus, Obst |
Donnerstag |
Menü 1: Rahmspinat, Rührei, Bio-Kartoffeln Menü 2: Geflügelhackfleischbällchen in Paprikasauce, Reis Menü 3: Kohlrabi-Bratling mit Kräutersoße, Reis, Möhrensalat Nachtisch: Rote Grütze mit Vanillesoße, Obst |
Freitag |
Menü 1: Fischfilet in Zitronensoße, Biokartoffeln, Spinat Menü 2: Rindfleischeintopf (mit Möhren und grünen Bohnen), Vollkornbrötchen Menü 3: Griechischer Salat mit Feta, Vollkornbrötchen Nachtisch: Fruchtjoghurt, Obstsalat |
Tab. 2: Schulspeiseplan für eine Woche
Jede Gruppe ernennt einen Sprecher, der über die Ergebnisse seiner Gruppe berichtet und dabei das Poster vorzeigt.
Speise | Zutaten | Herkunft |
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Hühnerfrikassee |
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Gemüsereis |
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Linseneintopf mit Würstchen |
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Hirse-Gemüsepfanne mit Currysoße |
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Schokopudding |
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Obst |
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Tab. 3: Auswertung des Menus vom Montag
Den Schülern wird klar, dass fast alle Nahrungsmittel von Lebewesen stammen (unmittelbar oder in verwandelter Form). Angebaute Pflanzen sind die wichtigsten Nahrungsmittellieferanten. Je nach Pflanze werden unterschiedliche Teile verzehrt:
- Getreidesamen: Reis, Weizen, Mais, Hirse. Getreide gehört in den meisten Ländern zu den Grundnahrungsmitteln.
- Früchte: Tomaten, Auberginen, grüne Bohnen, Gurken, Zucchini, Äpfel, Bananen
- Knollen: Kartoffeln, Kohlrabi
- Zwiebeln: Zwiebel, Knoblauch
- Wurzeln: Möhren, Rüben
- Blätter: Salate, Wirsing, Rotkohl
- Stängel: Schnittlauch
- Knospen: Blumenkohl, Brokkoli, Rosenkohl
- Samen: Erbsen, weiße Bohnen, Pfeffer, Vanille
- Scheinfrucht: Erdbeere
Neben Pflanzen und Pilzen stehen auch Tiere und Tierprodukte auf unserem Speiseplan. Wir essen das Fleisch von Fischen, Vögeln (Geflügel) und Säugetieren (Kühen, Schafen, Schweinen, Ziegen); außerdem Tierprodukte wie die Eier von Vögeln (Hühnern), die Milch mehrerer Säugetierarten (Kühe, Schafe, Ziegen) und Bienenhonig. Auch von Krebstieren (Garnelen, Krabben) und Weichtieren (Austern, Miesmuscheln) ernähren wir uns. Nur sehr wenige Nahrungsmittel stammen nicht von Lebewesen, so zum Beispiel Salz und künstliche Aromen.
Nun folgt die nächste Frage: "Welche aus der Liste dieser, der menschlichen Ernährung dienenden Lebewesen gedeihen in der Natur, und welche werden eigens angebaut oder gezüchtet?" Zur Unterscheidung dieser beiden Ressourcenkategorien werden in den Arbeitsgruppen die Nahrungsmittelquellen in der Tabelle verschiedenfarbig unterstrichen. Das Ergebnis wird gemeinsam diskutiert: Es ergibt sich, dass wir uns im Wesentlichen von Pflanzen und Tieren ernähren, die in der Landwirtschaft angebaut beziehungsweise gezüchtet werden.
Wenn in den Menus kein Beispiel für Lebewesen vorkommt, die der Mensch sich aus der freien Natur holt, werden die Schüler gefragt, ob sie solche Lebewesen nennen können? Es werden meistens Pilze (wild wachsende Wald- und Wiesenpilze), Wild (Reh, Hase, Wildschwein) und manche Früchte (Brombeeren, Himbeeren, Blaubeeren, Esskastanien, ...) genannt. Diese Aufzählung kann der Ausgangspunkt für Überlegungen zum Erhalt des ökologischen Gleichgewichts in der Natur sein – zwischen Produktion der Natur und Entnahme aus der Natur (durch Jagd und Fischfang usw.).
Auch der Mensch ist Teil der Nahrungsnetze verschiedener Ökosysteme. Er ist auf die Vielfalt der Lebewesen angewiesen, seine Gesundheit hängt davon ab. Weltweit wird propagiert (zum Beispiel seitens der WHO, der Weltgesundheitsorganisation), dass wir uns ausgewogen und abwechslungsreich ernähren sollen. Insbesondere wird empfohlen, dass wir jeden Tag fünf Portionen Obst und Gemüse zu uns nehmen sollten – was uns dank der Vielfalt der Lebewesen nicht schwer fällt.
Aktivität 3 (fakultativ): Recherchearbeit zur Globalisierung auf unseren Tellern
Es werden Fotos verteilt, auf denen Obst- und Gemüsestände auf dem Markt, in der Markthalle, im Bioladen und im Supermarkt zu sehen sind. Der Lehrer kann dafür entweder die Bildtafel 39 fotokopieren oder eigene Fotos mitbringen.
Der Klasse wird die Frage gestellt: "Seht euch das abgebildete Obst und Gemüse an. Recherchiert mit Hilfe eines Lexikons und/oder des Internets, woher einige der abgebildeten Obst- und Gemüsearten kommen. Dabei sollt ihr einerseits herausbekommen, in welcher Gegend der Welt die Frucht/das Gemüse ursprünglich beheimatet war (wo wurde zum ersten Mal in der Geschichte darüber berichtet), und andererseits, in welchen Gegenden sie/es heutzutage angebaut wird. Wird die Frucht oder das Gemüse im eigenen Land, in den Nachbarländern angebaut?"
Abb. 1: Obst und Gemüse auf dem Markt, in der Markthalle, im Bioladen und im Supermarkt. Zum Vergrößern auf das Bild klicken; zu den Namen der abgebildeten Obst- und Gemüsesorten.
Für eine bessere Übersichtlichkeit könnte man zum Beispiel eine vierspaltige Tabelle anlegen.
Produkt | Ursprüngliche Herkunft | Wo kultiviert man es heute? | Wird es in Europa angebaut? |
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Kartoffel | Südamerika (Anden) | Weltweit außer in den Tropen, der Arktis und der Antarktis | Ja |
Ananas | Lateinamerika | Tropen (Lateinamerika, Afrika, Australien) | Nein |
Apfel | (wahrscheinlich) Asien | Weltweit außer in den Tropen, der Arktis und der Antarktis | Ja |
Banane | Süd- und Südostasien | Asien, Lateinamerika, Afrika | Nein |
Tab. 4: Woher kommen Kartoffel, Ananas, Apfel und Banane?
Man kann auch versuchen herauszubekommen, wann und wie eine Obst- oder Gemüsesorte oder ein Gewürz zum ersten Mal nach Deutschland, nach Österreich, in die Schweiz kam (Stichworte: Seefahrer, Handelsstraßen, ...).
Jede Gruppe bestimmt einen Sprecher. Die Ergebnisse der Gruppen werden der Reihe nach vorgetragen, an der Tafel notiert und gemeinsam diskutiert. Es stellt sich heraus, dass die Biodiversität einer Region – Lateinamerika, Asien, Europa, Mittlerer Orient, Afrika usw. – auch in anderen Gegenden der Welt genutzt/konsumiert wird, in manchen Fällen schon seit langer Zeit. Das passiert (fast) überall auf dem Planeten. Im Lauf der Zeit kamen früher unbekannte Nahrungsmittel aus fernen Ländern auf unsere Teller. Das ist einer der Aspekte der "Globalisierung".
Die nächste Frage lautet: "Was sind die Vor- und die Nachteile, Produkte vom anderen Ende der Welt zu importieren?" Im Lauf der Debatte zeigt sich, dass auf diese Weise unsere Ernährung an Abwechslung gewinnt, dass jedoch der Transport dieser Nahrungsmittelprodukte über weite Strecken negative ökologische Folgen hat. Es ist daher vernünftiger, sich von regionalen Produkten zu ernähren.
Die Bildtafel 39 kann auch dazu genutzt werden, sich Gedanken über die Vielfalt innerhalb einer Art (die interspezifische Vielfalt) zu machen. Wir essen zum Beispiel helle und dunkle Weintrauben oder verschiedene Kartoffelsorten. Es sollte angesprochen werden, dass im Hinblick auf die Herausforderungen der Zukunft – Klimawandel, Befall der Pflanzen mit Krankheiten oder Parasiten – unbedingt die größtmögliche Zahl genetisch unterschiedlicher Sorten erhalten werden muss.
Gemeinsame Zusammenfassung
Die Schüler sollen in ein paar Zeilen aufschreiben, was sie von den drei Aktivitäten behalten haben. Die Vorschläge werden an der Tafel notiert und es wird gemeinsam eine Zusammenfassung aufgesetzt.
Beispiel für eine Zusammenfassung:
In unserer täglichen Umgebung ist die Biodiversität überall präsent. Sie steckt in Möbeln, in der Kleidung, in Nahrungsmitteln. Die Artenvielfalt macht, dass unsere Ernährung abwechslungsreich ist, und das dient unserer Gesundheit. Wir ernähren uns von einer Vielzahl von Lebewesen (Pflanzen, Tiere, Pilze usw.), die meist zu diesem Zweck angebaut oder gezüchtet werden, manchmal aber auch in der Natur gesammelt werden (wilde Früchte, Pilze).
All diese Lebewesen kommen aus den unterschiedlichsten Gegenden der Welt. Wir sollten dafür sorgen, dass von jeder Art möglichst viele Sorten erhalten bleiben, insbesondere um eventuellen Herausforderungen der Zukunft zu begegnen.
Mögliche Erweiterung
Man kann die Klasse zum Beispiel anhand von Fotoserien (im Internet, in Zeitschriften, in Büchern) die Beziehung anderer Kulturen der Welt zur Biodiversität erkunden lassen.
Beispiel: Die Fotos von Peter Menzel aus der "Hungry Planet"-Serie eignen sich gut zum Vergleich der Ernährungsgewohnheiten und -unterschiede auf der Welt. Menzel hat 30 Familien in 24 Ländern fotografiert, jede vor den Nahrungsmitteln, die sie in einer Woche konsumiert.
Letzte Aktualisierung: 24.9.2024