Unterrichtsstunde 3: Woher kommt die Biodiversität?
Autoren: | |
Publikation: | 3.7.2012 |
Lernstufe: | 3 |
Übersicht: |
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Ziele: |
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Angestrebte Kenntnisse: |
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Wortschatz: | Biodiversität, Artenvielfalt, Evolution, Umwelt, natürliche Selektion |
Dauer: | 1h 30min |
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Für jede Schülergruppe:
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Herkunft: | La main à la pâte, Paris |
Vorbereitung der Unterrichtsstunde
Für die Aktivität "Gras, Gazellen und Löwen" wird für jede Schülergruppe ein Satz Bildtafeln fotokopiert. Der Satz besteht aus neun Teilen, die aus den Bildtafeln 11, 12 und 13 ausgeschnitten werden. Sie stellen eine Gazellenart dar, sowie – zum Ausschneiden – drei Vegetationstypen (helles Gras, dunkles Gras und hohe Bäume) und ein Löwe. Dazu vier Bildtafeln "Nach einigen Generationen" (Bildtafeln 14 bis 17).
Praktische und pädagogische Anmerkungen
- Die Vorbereitung für diese Unterrichtsstunde dauert etwas länger, zahlt sich aber aus.
- Fotokopiert werden sollte, wenn möglich, in Farbe und auf stärkeres Papier. Man kann die Fotokopie auch auf Leichtstoffplatten kleben – diese lassen sich sehr gut zerschneiden. Werden die Fotokopien laminiert, lassen sie sich sogar von Jahr zu Jahr wiederverwenden.
- Die Schüler sollten unbedingt selbst mit den Bildtafeln herumhantieren. Nur so können sie sich die Problemstellung auch wirklich aneignen und eigene Gedanken entwickeln. Falls die Bildtafeln nur einmal ausgedruckt werden können, wird man sie an der Tafel befestigen, die ganze Klasse über die verschiedenen Darstellungen nachdenken lassen und dabei nacheinander Schüler an die Tafel rufen.
Dem Lehrer ist zu empfehlen, sich vor der Unterrichtsstunde Klarheit über die eigenen Vorstellungen von der natürlichen Selektion zu verschaffen. Mit dem Thema verbinden sich sehr viele tief sitzende Vorurteile. Diese sollte man kennen, damit man auf die Fragen der Klasse vorbereitet ist. Nähere Informationen finden sich in den wissenschaftlichen Hintergründen.
Eingangsfrage
Zu Beginn werden die in der vorangegangenen Stunde erworbenen Kenntnisse reaktiviert: "Was verstehen wir unter Biodiversität oder Artenvielfalt? Wir haben gesehen, wie vielfältig die Natur ist: Es gibt die verschiedensten Habitate, außerordentlich zahlreiche Arten und innerhalb einer Art Individuen, die sich alle voneinander unterscheiden."
Dann wird gefragt: "Wie kam es auf der Erde zu einer so großen Vielfalt?"
Zunächst denkt die Klasse über die Vielfalt innerhalb einer Art nach, zum Beispiel der der Menschen. Alle Menschen unterscheiden sich voneinander, selbst wenn sie dieselben Eltern haben (man denke an Geschwister). Warum? Merkmale der Eltern werden auf zufällige Weise an ihre Kinder weitergegeben.
Anschließend soll die Klasse über die Vielfalt der Arten nachdenken: Wie haben sich so viele verschiedene Arten ausbilden können? Das ist selbst für Erwachsene eine schwierige Frage. Der Lehrer kann den Kindern mit dem Bild vom Eisbären aus der letzten Stunde auf die Sprünge helfen und an eine Schlussfolgerung erinnern, die bereits gezogen wurde: "Warum ist dieser Bär weiß, während in den Wäldern Braunbären leben?" Der Eisbär ist weiß, "weil er auf dem arktischen Meereis lebt". Wie kam es hier zur Vielfalt? Was hat sie bewirkt? "Die Kälte, das Eis, der Schnee: das Habitat."
Gemeinsam erarbeitet die Klasse einen Satz, der die bisherigen Gedanken zusammenfasst, und den jeder in sein Arbeitsheft einträgt.
Beispiel
Die Vielfalt der Lebewesen einer Art entsteht durch die zufällige Mischung der Merkmale der Eltern. Die Vielfalt der Arten entsteht unter dem Einfluss der Umgebung.
Aktivität: Gras, Gazellen und Löwen
Die Kinder sollen die natürliche Selektion anhand der Szenarien der Bildtafeln 11 bis 17 nachstellen: "Gazellen in der Savanne wollen nicht von Löwen gefressen werden". Sie werden wieder in Arbeitsgruppen aufgeteilt.
1. Die Ausgangssituation
Zunächst wird jeder Gruppe eine Bildtafel zugeteilt, die die Ausgangssituation darstellen soll (Bildtafel 11): eine Gazellenart in ihrer interindividuellen Vielfalt.
Abb. 1: Eine Art von (hellen und dunklen) Gazellen
Die Kinder sollen beschreiben, was sie sehen: "Sind die Gazellen alle gleich? Worin unterscheiden sie sich?" Die Antworten werden an die Tafel geschrieben: "hellbraun und dunkelbraun", "verschiedene Größen", "unterschiedliche Hörner", "unterschiedliche Zeichnung". Diese Unterschiede werden zum Anlass genommen, noch einmal an die gemeinsame Definition der Biodiversität zu erinnern. Hier haben wir eine Vielfalt unter Individuen innerhalb einer Art von Gazellen.
Pädagogische Anmerkung
Falls es den Kindern nicht klar sein sollte, kann der Lehrer betonen, dass die kleinen Gazellen nicht etwa die Jungen der anderen sind, sondern ebenfalls erwachsene Gazellen.
2. Gras, Gazellen und Löwen: Untersuchung der möglichen Szenarien
Jede Gruppe zerschneidet die Bildtafeln 11 bis 13. Die Bildkomponenten stellen die Eigenheiten verschiedener Habitate der Gazellen dar:
- drei Arten von Vegetation: helles Gras, dunkles Gras oder hohe Bäume (die Schüler wählen für jedes Szenario einen Vegetationstyp aus);
- ein Löwe (der in jeder der drei Vegetationsarten auftauchen kann). Die Löwen fressen in jeder Generation ein paar Gazellen.
Die Schüler werden aufgefordert, verschiedene Lösungen auszuprobieren, indem sie die Umweltelemente auf die Bildtafel mit der Ausgangssituation platzieren. Die Herausforderung besteht darin, vorherzusagen, was für jeweils eines der auf diese Weise zusammengestellten Szenarien (jede Gruppe wählt, je nach zur Verfügung stehender Zeit, zwei oder drei Zusammenstellungen) ein paar Generationen später passiert sein wird.
Beispiele für Szenarien: "helles Gras, Löwe", "dunkles Gras, kein Löwe", "hohe Bäume, Löwe" usw.
Jede Gruppe wählt eine der Bildtafeln aus der Reihe "Nach einigen Generationen" aus, und zwar diejenige, die ihrer Vorhersage für das entsprechende Szenario am besten entspricht. Gemeinsam wird das ausgeteilte Arbeitsblatt mit den Szenarien ausgefüllt. Die Vorhersage ist damit auch schriftlich festgehalten.
Pädagogische Anmerkungen
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Es kann sein, dass die Kinder den Begriff "Generation" nicht oder nur vage kennen.
Der Lehrer kann die Schüler in diesem Fall kurz nach den Generationen in
ihren Familien befragen – die Generation der Eltern, der Großeltern, ...
Der Begriff kann zu einem späteren Zeitpunkt in dieser Unterrichtsstunde noch
vertieft werden.
Beispiel für eine Definition:
Eine Generation ist die Gesamtheit der Individuen einer Art, die ungefähr das gleiche Alter haben und ungefähr zur gleichen Zeit Nachkommen erzeugen. - Falls nötig, kann man die Klasse durch ein paar Fragen auf die Spur bringen: "Welche Gazellen wird der Löwe am ehesten fressen? Welche Gazellen werden am leichtesten Nahrung finden und am längsten überleben?" Und folglich: "Welche Gazellen werden die meisten Nachkommen haben?"
Übersicht: Die verschiedenen "Puzzleteile" und mögliche Zusammenstellungen
Abb. 2: Drei verschiedene Arten von Vegetation: helles Gras, dunkles Gras und hohe Bäume, mit oder ohne Löwe
Abb. 3: Szenarien, die die Kinder durchspielen können
Abb. 4: So könnte es nach einigen Generationen aussehen.
Gemeinsame Erörterung
Jede Gruppe wählt einen Sprecher. Jeder Sprecher stellt jeweils ein Szenario vor sowie die von der Gruppe gemeinsam formulierte Vorhersage für die Gazellenpopulation nach ein paar Generationen. Jedes Szenario wird gemeinsam diskutiert und die Endergebnisse der Diskussion für jedes Szenario ins Arbeitsheft eingetragen (oder, falls der Lehrer Zeit gewinnen möchte, auf einer Seite zusammengefasst und an alle verteilt).
Beispiele:
- Szenario "helles Gras, Löwe": Die hellen Gazellen werden häufiger überleben, weil sie für die Löwen weniger sichtbar sind. Ihre Jungen werden zahlreicher sein als die Jungen der dunklen Gazellen, und ein paar Generationen später kommen sie in der Savanne am häufigsten vor.
- Szenario "dunkles Gras, kein Löwe": Ohne Löwe überleben alle Gazellen im dunklen Gras. Auch ihre Nachkommen werden zahlreich sein, und ein paar Generationen später gleicht die Population der ursprünglichen.
- Szenario "hohe Bäume, Löwe": Gazellen mit langem Hals werden häufiger überleben. Sie erreichen die Nahrung leichter als die kurzhalsigen Gazellen und sterben nicht vor Hunger. Auch ihre Jungen werden zahlreicher sein als die der überlebenden Gazellen mit kürzerem Hals. Sie werden bald in der Savanne die am häufigsten vorkommende Gazellenart sein. Da es kein Gras gibt, erkennen die Löwen die dunklen und die hellen Gazellen gleich gut und fressen von beiden Arten gleich viele. Ein paar Generationen später wird man daher langhalsige Gazellen vorfinden, sowohl helle als auch dunkle.
Abb. 5: Kinder stellen Szenarien zusammen.
Zum Schluss werden die Kinder gefragt: "Was passiert, wenn die ursprüngliche Population durch einen Erdrutsch in zwei Gruppen getrennt wird, und die beiden Gruppen unterschiedliche Szenarien erleben (zum Beispiel Löwen nur auf der einen Seite des Berges vorkommen, nicht aber auf der anderen)?" Die Klasse diskutiert ihre Vorstellungen. Ein paar Generationen später haben sich die beiden Gruppen unterschiedlich "entwickelt". Es entstehen zwei verschiedene Arten. Die Biodiversität erhöht sich. Über den langen Zeitraum der Geschichte der Lebewesen (3,5 Milliarden Jahre) haben derartige Ereignisse zur Entstehung der vergangenen und der gegenwärtigen Biodiversität geführt.
Gemeinsame Zusammenfassung
Die Schüler formulieren gemeinsam eine Zusammenfassung der Unterrichtsstunde. Dabei lassen sie einfließen, was sie über die Rolle des Zufalls bei der Entstehung neuer Arten verstanden haben, und was sie über die natürliche Selektion in einer gegebenen Umgebung gelernt haben. Die Gedanken werden an der Tafel notiert und der Lehrer hilft beim Zusammenfassen. Falls der Begriff "natürliche Selektion" bisher nicht gefallen ist, führt er ihn an dieser Stelle ein.
Beispiel für eine Definition:
Wenn eine Population Umwelteinflüssen unterliegt (Anwesenheit eines Raubtiers wie hier der Löwe, eingeschränkter Zugang zur Nahrung), haben die Tiere, die am wenigsten unter ihnen leiden, Vorteile vor den anderen; sie leben länger und erzeugen mehr Nachkommen. Einige Generationen später weist die Mehrzahl die vorteilhaften Eigenschaften auf, falls sich die Umweltbedingungen nicht geändert haben. Dieses Phänomen nennt man natürliche Selektion. Es handelt sich um eine "passive" Auswahl (die Gazellen werden im dunklen Gras nicht braun, um den Löwen zu entkommen). Die ganze Biodiversität konnte nur über einen sehr langen Zeitraum entstehen (3,5 Milliarden Jahre).
Abb. 6: Szenarien zu Gazellen, Gras und Löwe
Letzte Aktualisierung: 29.11.2023